Ein neuer Name für Gott
Wie wäre es, wenn wir nicht nur damit rechnen, dass Gott uns Frieden bringt, sondern ihn sogar so nennen? Das schlägt der Theologe und Religionswissenschaftler Gregory Smith vor. Er geht von der aktuellen Situation und dem Wunsch vieler Menschen nach Frieden aus – und stellt dann fest: «Frieden ist nicht nur etwas, das Gott gibt – Frieden ist einer der Namen Gottes.»
Gott heisst Friede
Juden auf der ganzen Welt begrüssen sich mit «Schalom» und arabisch sprechende Menschen mit «Salam». Tatsächlich ist dies mehr als ein Segenswunsch oder Friedensgruss. Friede ist nämlich einer der Namen Gottes. Und das spielt in unserer unfriedlichen Zeit eine wesentliche Rolle. Als Gott im Alten Testament Gideon zum «Richter» beruft, also als Leiter des Volks, der es gegen die Angriffe der Midianiter verteidigen soll, baut dieser Gott einen Altar und nennt ihn «Jahwe Schalom», «Der Herr ist Friede». Darin steckt mehr als die Idee, dass Gott Frieden bringt oder schenken kann: Er ist es selbst als Person. Wer Frieden bringt, kann morgen auch Krieg bringen, aber wer selbst Friede ist, ändert sich nicht, weil es Teil der Persönlichkeit ist. Gott bringt nicht nur ab und zu Dinge in Ordnung, er ist von seinem Wesen her Liebe in Aktion, heilt gebrochene Herzen, befreit Gefangene und schützt die Schutzbedürftigen. So ist es einerseits ein aktueller Vorschlag, Gott als «Frieden» zu bezeichnen, andererseits hat er tiefe biblische Wurzeln.
Gott hat viele Namen
Ähnliches gilt für viele Bezeichnungen, die Gott in der Bibel erhält. Immer wieder gibt er sich selbst solche Namen oder empfängt sie von seinen Menschen. «Gott ist Liebe», schreibt Johannes im Neuen Testament; «Ich bin der Herr, dein Arzt», sagt Gott von sich selbst beim Auszug aus Ägypten; und im Neuen Testament erklärt noch einmal Johannes, «dass Gott Licht ist und in ihm gar keine Finsternis ist». Diese Bezeichnungen gehen weit über Bilder oder beschriebene Eigenschaften hinaus – sie zeigen Gottes Persönlichkeit und werden seine Namen.
Die Idee dahinter scheint zu sein, dass Gott den Menschen zeigt, dass er ihnen in ihren echten Bedürfnissen und Nöten begegnet. Er weiss, was uns fehlt, und zeigt, dass er diese Leerstelle füllen möchte. Nicht umsonst erhält Gott etliche seiner Namen von Menschen, die in Krisensituationen stecken, die vor entscheidenden Lebensfragen stehen. Als Hagar vor Abraham und Sara in die Wüste flieht und dort in ihrer Verzweiflung Gott begegnet, ist er für sie der «El Roi»: «Und sie nannte den Namen des Herrn, der mit ihr redete: Du bist der Gott, der mich sieht!»
Gott ist
Jesus selbst greift diese Gedanken in seinen unterschiedlichen Selbstbezeichnungen auf. Seine Kritiker wollen ihn immer wieder auf Rollen und Namen festlegen, doch diesen Anläufen widersetzt sich Jesus weitgehend. Stattdessen zeigt er sich von ganz anderen Seiten und unterstreicht zum Beispiel: «Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern, und wer an mich glaubt, den wird niemals dürsten.» Mit Statements wie diesem zeigt er eindrücklich, was er tun wird, weil es eben seinem Wesen entspricht. Vielfach stehen diese «Ich-bin-Worte» in den Evangelien, besonders berühmt wurden sieben herausgestellte Varianten davon im Johannesevangelium. Und wie bei den oben genannten Namen Gottes sind es keine Engführungen auf die eine wahre Bezeichnung für Gott, sondern es sind Namen, die gleichzeitig Gottes Wesen unterstreichen und zeigen, dass er für uns Menschen da ist. Das wird schon bei der zentralen Benennung Gottes deutlich, an die Jesus mit seinem «Ich bin» anknüpft: Exodus, Kapitel 3, Vers 14. Dort sagt Gott auf die Frage von Mose, mit welchem Namen er ihn denn seinem Volk vorstellen soll: «Ich bin, der ich bin! […] So sollst du zu den Kindern Israels sagen: Ich bin, der hat mich zu euch gesandt.»
Gott benennen
Es hat also eine gute biblische Tradition, dass Gott sich in unterschiedlichen Situationen neu vorstellt. Und dass seine Leute ihn je nach ihren aktuellen Erfahrungen neu benennen. Es ist kein Zufall, dass Gott sich zentral als der «Ich bin…» vorstellt. Da fehlt noch etwas. Und diese Leerstelle sind die Angebote, die Gott den Menschen aufgrund seines Wesens macht: Liebe, Gesehenwerden oder eben Friede. Wir können Gott also aufgrund seiner Selbstvorstellungen und der vielen Namen, die ihm die Menschen der Bibel gaben, unterschiedlich ansprechen. Und Gregory Smith lädt darüber hinaus ein, Gott auf Basis unserer eigenen Erfahrungen beim (neuen) Namen zu nennen. «Gott umzubenennen ist keine Arroganz – es ist ein Zeugnis», sagt er. «Es ist unser Versuch zu artikulieren, wie sich die göttliche Liebe in unserer eigenen Haut anfühlt.»
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Datum: 26.11.2025
Autor:
Hauke Burgarth
Quelle:
Livenet