Schwierige Situation

Kirgisische Christen in der Zwickmühle

Kinder in Kirgistan geniessen die Sommerzeit selten ohne Angst
Im Vergleich zum Vorjahr ist der Staat Kirgistan ganze 14 Plätze auf Rang 47 vorgerückt. Kein anderes Land hat im vergangenen Jahr einen so grossen Schritt nach vorn gemacht. Ein Grund zum Feiern? Nein. Denn es geht um die Christenverfolgung.

Unter den Top 50 des Weltverfolgungsindex von Open Doors war Kirgistan zuletzt im Jahr 2013. Der Grund der neuen Einschätzung sind zunehmende Fälle von Gewalt und Drohungen gegen Christen. Doch was erhitzt die Gemüter so? Was bewegt sich in Kirgistan? Zum einen ist die Armut Nährboden für Unzufriedenheit und Konflikte. Zum anderen wandelt sich das Selbstverständnis der Menschen. Den Kirgisen wird ihre eigene, kirgisische Identität gegenüber dem sowjetischen Erbe immer mehr bewusst. So werden beispielsweise russische Ortsnamen durch kirgisische ersetzt. Die Kirgisen möchten zeigen, wer sie sind und sind stolz darauf! Wäre es nur die Sprache, gäbe es für Christen kein Problem. Doch heute gehört für die Meisten auch der Islam untrennbar zur nationalen Identität. In diesem Klima wachsen radikale muslimische Bewegungen und machen Stimmung. Wer den Islam verlässt, gilt schnell als Verräter an der eigenen Kultur und Familie. Dadurch werden besonders ehemalige Muslime zur Zielscheibe. Am härtesten trifft es dabei die Schwächsten der Gesellschaft.

Ein lokaler Partner in Kirgistan berichtet gleich von mehreren Vorfällen im Frühjahr 2025: Eine ältere Witwe in der Region Osh kommt zum Glauben. Unter Drohungen nehmen ihr die eigenen Kinder das Telefon weg, um sie von anderen Gläubigen zu isolieren. Doch sie hält an Jesus fest. Als ihr Bruder sie gar erschiessen will, flieht die Witwe und lebt seither im Schutz anderer Christen.

In der Region Dschalalabat entscheidet sich eine 18-Jährige für Jesus. Ihr Bruder beginnt sie daraufhin zu schlagen und greift sie mehrmals mit einem Messer an. Die junge Christin muss sich wehren und trägt Schnitte an Händen und Armen davon. Sie findet in ihrer Gemeinde eine sichere Unterkunft. Solche Familientragödien sind erschreckend. Sie zeigen aber auch: Es gibt eine lebendige Kirche. Diese hält zusammen und ist aktiv. Kirgisen beginnen zu glauben, erleben die Liebe Gottes und geben sie weiter.

Wie entwickelt sich die Situation weiter?

Der aktuelle Verfolgungsindex wurde zum Jahresbeginn veröffentlicht. Seitdem hat sich die Situation leider nicht entspannt. Ganz im Gegenteil. Seit dem 1. Februar gilt ein neu überarbeitetes Religionsgesetz, welches das bisherige drastisch verschärft. Der Knackpunkt ist die Zulassung von religiösen Gruppen, einschliesslich Kirchen. Dafür wird nun die Unterschrift von 500 statt bisher 200 erwachsener Mitglieder benötigt. Das ist unmöglich für die kleinen christlichen Gemeinden. Unser lokaler Partner bringt es in seinem Gebetsbrief auf den Punkt: «Wenn die Behörden auf die strikte Umsetzung dieses Gesetzes bestehen, wären unsere Kirchen de facto illegal.»

Doch bislang fällt es den Behörden schwer, das einheitlich umzusetzen. Schliesslich widerspricht es der Verfassung, direkt in die Religion einzugreifen. Wenigstens auf Papier trennt diese Staat und Religion. Christen sind in der Zwickmühle, denn eine Registrierung ist unmöglich und als nicht registrierte Kirche ist nahezu jede Aktivität strafbar: Evangelisation, Bibelverteilung, Kinderfreizeiten und jede Einbindung Minderjähriger in das Gemeindeleben.

Was bedeutet das heute?

Sommerfreizeit-Aktivität in einer Gemeinde in Kirgistan

Mehr Willkür der Behörden, mehr Unsicherheit für Christen. Schon vor der Gesetzesänderung war die Lage schwierig. Nach einem Weihnachtsgottesdienst im Januar 2025 nahm der Staatssicherheitsdienst mehrere Gläubige fest. Er durchsuchte deren Wohnungen und beschlagnahmte christliche Literatur. Über zwei Monate wurden die Christen verhört. Im März wurde das Verfahren mangels Beweisen für extremistische Aktivitäten eingestellt. Das neue Gesetz ist nun ein weiteres Signal der Regierung, dass religiöse Minderheiten unerwünscht sind. Doch die Kirche macht weiter. Sie nutzt das Zögern und die Uneinigkeit der Behörden, die nicht wissen, wie sie das verfassungswidrige Gesetz umsetzen können. Christen treffen sich trotz Verbot, beten und feiern Gottesdienste. Neue Hauskirchen entstehen: Kleine Gemeinden, die unter dem Radar laufen.

Mutig führen unsere Partner weiterhin Kinder- und Jugendfreizeiten durch und schaffen es, auch Nichtchristen mit der rettenden Botschaft zu erreichen. Dabei provozieren sie den Unmut der Behörden. Im Norden erhalten die Verantwortlichen eines Sommercamps Drohungen, Anrufe, diverse Vorladungen beim Geheimdienst und werden erpresst. Ihre Erlebnisse beschreiben sie mit einem Vers, der bittersüss über eine Erfahrung spricht, die viele Kirgisen heute machen: «Gepriesen sei der Herr, der uns nicht ihren Zähnen zur Beute gab.» Psalm 124, Vers 6

Dieser Artikel erschien im Magazin von Licht im Osten

Zum Thema:
Weltverfolgungsindex 2025: Christen im Visier autokratischer Regierungen und Extremisten 
Kommt neues Religionsgesetz?: Kirgistan: Massiver Druck auf Christen droht 
Weltweites Problem: Christenverfolgung verschärft sich deutlich 

Datum: 27.11.2025
Autor: Xaver Kustermann
Quelle: Licht im Osten

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