Almers Ludviks: kreativ für die Schwächeren

Almers Ludviks
Riga
Vertrauen gewinnen: Jugendkonferenz der lettischen Allianz im September 2003
Osteuropa wandelt sich in hohem Tempo…

Es begann mit drei Pfarrern, die etwas für ihr Land tun wollten und Ethik-Tagungen organisierten. Später gründeten sie eine Partei. Heute regieren sie in Lettland mit – zum Wohl der Kinder und armen Familien. Eine Erfolgsgeschichte, die im unruhigen Osteuropa nach 1990 wohl keine Parallele hat.

Die Partei „Lettland zuerst“ stellt in der Koalitionsregierung, die im November gebildet wurde, den Innenminister, den Transport- sowie den Familien- und Kinderminister. In der vorangegangenen Minderheitsregierung hatte die „Pastorenpartei“, wie sie im Volk auch genannt wird, gar fünf der 12 Ministerien inne. Nur ein Zehntel der 100 Abgeordneten im Parlament von Riga der Rechtspartei an.

Wie kam es dazu? Zwei lutherische Pfarrer und ein Baptistenpastor ergriffen in den 90-er Jahren, einer Zeit zunehmender Verunsicherung und Zukunftsangst, die Initiative: Sie organisierten Tagungen zu ethischen und Familien-Fragen. Ihre Bekanntheit im Land bewog einen wendigen Politiker, der zuvor mit seiner Partei gescheitert war, mit ihnen neu zu starten.

Politik für Menschen statt fürs Kapital

„Lettland zuerst“ gewann rasch Anhänger als konservative Partei, die soziale Probleme aufgriff und Moral betonte. Nach einem aufseherregenden Wahlerfolg 2002 – andere Parteien hatten das Vertrauen der Wähler verloren – bot sich im vergangenen Frühjahr die Chance, in wichtigen Ressorts Regierungsverantwortung zu übernehmen.

Almers Ludviks gehört dem Führungskreis der Partei an. Der Baptistenpastor, der die (erst 2002 gegründete) Lettische Evangelische Allianz leitet, amtiert seit Frühjahr auch als Parlamentarischer Sekretär für Familien- und Kinderfragen. Am Rande der Jahrestagung der Europäischen Evangelischen Allianz schilderte Ludviks gegenüber Livenet das Ringen um eine familien- und kinderfreundliche Politik.

Grosszügige Mutterschaftsversicherung, Einsatz für Waisen

„Lettland zuerst“ hat in den letzten Monaten Einiges auf den Weg gebracht, was sich im europäischen Vergleich – und erst recht im Osten – sehen lassen kann: Ab Januar 2005 erhalten Mütter nach der Geburt vom Staat während zwölf Monaten den vollen Lohn ausbezahlt. Weiter wird die Adoption von Kindern mit einer Starthilfe von etwa 1600 Euro und monatlichen Beiträgen gefördert.

Grundlegend dafür war wohl, dass in der lettischen Regierung ein eigenes Familien- und Kinderministerium geschaffen wurde. Der Staat hilft neu auch der Not der Scheidungskinder ab, deren Väter nicht zahlen; eine Agentur tritt künftig als ihr Anwalt auf. Zudem werden Pflegefamilien so unterstützt, dass weniger Kinder in Waisenheime geschickt werden müssen.

(Christliche) Ethik in der Schule

Den zweiten Sonntag im September hat die Regierung zum Vatertag erklärt. Eine von verschiedenen Kirchen gestaltete Feier, die das staatliche Fernsehen übertrug, drehte sich um das Glück der Vaterschaft und ihre Bedeutung. Seit September werden die Schulkinder entweder in Ethik oder christlicher Ethik unterrichtet; die Eltern haben die Wahl.

Almers Ludviks hat nach einem Studienaufenthalt in den USA 1991 zahlreiche Partnerschaften zwischen US- und lettischen Kirchgemeinden in die Wege geleitet. Er weiss, dass Erfolg in der Politik von kurzer Dauer sein kann. Die Popularität seiner Partei führt er auf die Glaubwürdigkeit ihrer Politiker zurück: „Wir tun, was wir sagen.“ Zugleich wünscht er, dass die Partei „nicht wegen der Pastoren gewählt wird, sondern wegen unseres Leistungsausweises.“

Politik fürs Gemeinwohl – damit sich die Jugendlichen nicht abwenden

13 Jahre nach der Befreiung vom sowjetischen Joch müsse die lettische Demokratie endlich reifen, sagt der vielseitig engagierte Theologe: „Es geht darum, dass wir den jungen Menschen zeigen, wie man Politik fürs Gemeinwohl macht.“

Lettland ist der EU beigetreten – für Ludviks ein Entscheid der Vernunft. Sorge macht ihm die Inflation; Ende Dezember wird die Anbindung der lettischen Währung an den Dollar gelöst. Hoffnung setzt er auf zunehmenden Tourismus, den die Regierung unter anderem mit höheren Zuschüssen an (dringend notwendige) Kirchenrenovationen fördert.

Der nächste Test sind die lettischen Gemeindewahlen im März 2005. Almers Ludviks bewirbt sich um einen Sitz im Stadtparlament der Hauptstadt Riga, in der ein Drittel der Letten lebt. Er gehört zu den Christen Osteuropas, die einen grossen Schritt getan haben: „Früher redeten die Pastoren, wie Pastoren eben reden. Heute reden wir die Sprache der Berufspolitiker – aber wir verbergen nicht, wer wir sind und was wir glauben.“

Lettische Evangelische Allianz: www.lea.lv
Webseite über Gemeindepartnerschaften: www.bridgebuildersint.com/

Datum: 17.12.2004
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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