Ausstieg geschafft

Warum ein Leben ohne Drogen wirklich mehr bietet

Sabine Ruocco lebte auf der Gasse, hat zwei Ausbildungen und 18 Drogenentzüge abgebrochen. Heute ist sie glücklich verheiratet und wird demnächst Mutter. Sie arbeitet im Familienbetrieb mit und hält Vorträge in Schul- und Konfirmandenklassen. Bis dahin war es ein weiter Weg. Ein Erlebnisbericht.
Sabine und Paolo Ruocco geniessen das neue Leben bald zu dritt.
Heute eine Botschafterin der Hoffnung: Sabine Ruocco.

Niemand sähe der jungen Frau ihre Vergangenheit an. Sie spricht ruhig und überlegt, verschweigt die dunklen Phasen in ihrem Leben nicht. Sabine Ruoccos Botschaft: «Es gibt Hoffnung für Hoffnungslose! Für Gott ist nichts unmöglich, Jesus schenkt neues Leben und neue Perspektiven. Ich bin innerlich geheilt und habe nun ein anderes Fundament. Ich halte mich an dieser Freiheit fest. Das heisst nicht, dass ich es im Griff habe.»

Zu ihrem neuen Leben gehört eine strikte Null-Toleranz. Auch wenn sie die hauseigene Pasta über alles liebt, verzichtet sie strikt auf Alkohol dazu und Zigaretten danach. Tabu sind auch Haschisch, LSD, Heroin und andere Substanzen. «Ich will suchtfrei leben. Ich muss suchtfrei leben, wenn ich mich schützen will.»

Die meisten fanden sie cool

In einem Punkt durchbricht Sabine Ruocco das gängige Klischee von Gruppendruck und Coolness: «Praktisch alle Mitglieder meiner Clique kifften. Die meisten fanden es cool, dass ich clean war. Ich habe nicht wegen dem Gruppendruck mit Kiffen begonnen. Ich wollte auf der gleichen Wellenlänge sein.»

Sabine suchte Freiheit, wollte Grenzen überschreiten, dem Alltag entrinnen, ausbrechen. Wenn der Joint die Runde machte, zog Sabine kräftig mit. Der Haschischkonsum steigerte sich. Der Wunsch wurde immer stärker, in die schillernde Welt der Drogen einzutauchen. Bald konsumierte sie auch LSD und Ecstasy, dann Heroin und Kokain. Und immer dachte sie: «Ich hab‘s ja im Griff.» Je mehr sie davon überzeugt war, desto mehr geriet sie in den unerbittlichen Griff der Drogen. Auseinandersetzungen und Schlägereien mit der Polizei gehörten zu ihrem «normalen» Alltag.

Statt Lehre die Drogenkarriere

Sabine Ruocco begann zwei Lehren als Drogistin und Verkäuferin in einem Reformhaus. Beide Lehren hat sie abgebrochen. Die schillernde Welt der Farben und der Leichtigkeit war ihr wichtiger. Sie erinnert sich: «Ich reiste mit 50 ‚Stutz‘ im Sack nach Bern und kaufte mir bei einem Dealer Heroin.» Und: «Du wirst täglich getrieben und bist auf der Suche nach dem nächsten Drogenkick.» Im Nachhinein bezeichnet sie es als Glück, dass ein enger Bekannter im grösseren Stil dealte und sie mit Stoff versorgen konnte. «Das war mein Glück. So musste ich Gott sei Dank nie auf Drogenstrich.»

Ganz unten gelandet

«Man denkt ja immer: Man hat‘s im Griff!» Immer wieder verfiel Sabine ins alte Muster. Ihre Empfindungen hat sie im Gedicht «Das rosarote Wülchli» beschrieben: «Wenn dich die unberechenbare Sucht Tag für Tag treibt?» Sie war stärker, die Sucht, immer. Stärker auch als der Wunsch, davon loszukommen. «Ohne festen Willen geht es einfach nicht», weiss Sabine. Sie hat insgesamt 18 Drogenentzüge begonnen und abgebrochen. Nach ein, zwei Wochen ist sie jeweils abgehauen. Der Grund: Sabine empfand jeweils starke körperliche Schmerzen. Schlimmer jedoch war der psychische Aspekt: «Plötzlich sieht man sich mit der Realität konfrontiert. Und man sieht nur noch einen grossen Berg vor sich.»

Mit 19 Jahren kam sie zum vierten Mal in die Fachklinik «Marchstei». Sie erhielt nochmals eine Chance. Doch wieder kam alles anders: Bei einem Fluchtversuch blieb sie am Balkongeländer hängen und verletzte sich stark. Völlig auf dem Nullpunkt kam sie in die geschlossene Abteilung einer psychiatrischen Klinik, von den Drogen gezeichnet und mit einer Menge Bussen am Hals.

Dann endlich: Die Wende

Plötzlich realisierte sie: «Nun heisst es: Entweder - oder. Entweder, ich packe diese Chance, oder ich gehe völlig kaputt.» In der Psychiatrie sprach sie erstmals bewusst mit Gott: «Wenn es dich gibt, dann kapituliere ich vor dir und tue dir jetzt mein Herz auf.» Sie spürte, dass «etwas Höheres» sie berührte.

Plötzlich hatte sie auch den Willen zu einem kalten Entzug (keine Drogen erlaubt). Und: Sie empfand praktisch keine Schmerzen dabei. «So lange hatte ich mich vor diesem Moment gefürchtet. Nun durfte ich erleben, dass Gott mir die Schmerzen wegnahm.» Sie konnte endlich wieder ohne Medikamente durchschlafen. Die schweren Gesichtsverletzungen heilten rasch, und schon nach zwei Wochen konnte sie eine Therapie von Teen Challenge antreten. Hier verbrachte sie insgesamt zwei Jahre. In der Wohngemeinschaft lernte sie einen geregelten Tagesablauf kennen und übte das suchtfreie Leben ein, Tag für Tag. Es war eine harte Zeit. Zum ersten Mal in ihrem Leben konnte sie Vorbilder akzeptieren. «Ich lernte Menschen kennen, die in mein Leben investierten. Eine gewisse Radikalität in der Hausordnung tat mir gut: Klare Regeln und eine gelebte Jüngerschaft.»

Neuen Sinn gefunden

Während der Zeit in Glarus schenkte Gott Sabine einen Traum: Sie sah sich im Familienbetrieb ihres Freundes arbeiten - und sie war glücklich. 1997 heiratete sie ihren Freund Paolo. Der Schwiegervater bot Sabine die Möglichkeit zum Einstieg in den Familienbetrieb (italienische Spezialitäten für Wiederverbraucher), wo sie im Büro und in der Spedition mitarbeitet.

Daneben engagierte sie sich ehrenamtlich in der Fachklinik «Marchstei» und hält immer wieder Vorträge in Schulen und Konfirmandenklassen, in Jugendgruppen, Gemeinden und an Frauenfrühstückstreffen. Ihre Erfahrungen mit Drogen und der befreienden Kraft durch den Glauben an Jesus Christus waren auch Thema in verschiedenen Publikationen. Ihr Anliegen: «Ich will Menschen von der Liebe Gottes erzählen. Bei Gott ist nichts unmöglich. Egal, in welcher Situation du bist: Es gibt immer Hoffnung!»

Mit freundlicher Genehmigung von «Idea Spektrum Schweiz».

Webseiten:
Sabine Ruocco

Drogen-Rehabilitationszentren:
Meilestei
Teen Challenge Schweiz

Datum: 08.08.2011
Autor: Thomas Feuz

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