Ratgeber

Ein Moslem als Schwiegersohn?

Meine Tochter ist mit einem gebildeten Marokkaner befreundet und möchte ihn heiraten. Der junge Mann kommt aus gutbürgerlichen Verhältnissen und ist uns als Mensch sehr sympathisch. Aber mein Mann und ich machen uns Sorgen, weil er praktizierender Moslem ist. Wie sollen wir uns verhalten? Was raten Sie unserer Tochter?
Hochzeit

Aus christlicher Sicht ist eine Heirat zwischen einer praktizierenden Christin und einem praktizierenden Moslem abzulehnen, da die Glaubensauffassungen und Lebensnormen zu unterschiedlich sind. Es hat aber wenig Sinn und Aussicht auf Erfolg, dass Sie auf Ihre Tochter Druck ausüben, um sie von der Heirat mit dem jungen Mann abzuhalten. Versuchen Sie, mit Ihrer Tochter im offenen Gespräch zu bleiben und ihr zu helfen, eine durchdachte Entscheidung zu treffen.

Auch wenn der Freund aus gutbürgerlichem Haus kommt, ist er als orientalischer Muslim in seine Familie eingebunden und nicht frei in seinen Entscheidungen. Er ist seiner Familie auch in Deutschland verpflichtet. Besonders aber ist er es, wenn er mit seiner Frau im Umfeld der Grossfamilie in seinem Heimatland lebt. Ihre Tochter sollte nicht erwarten, dass sie mit ihrem Freund eine partnerschaftliche Ehe nach westlichem Muster führen kann. Sie wird damit rechnen müssen, dass sie nach der Eheschliessung von ihrem Mann und deren Familie einem steten Druck ausgesetzt wird, zum Islam überzutreten.

Orientalische Männer können sehr charmante Liebhaber sein - bis zur Hochzeit. Dann ist es Aufgabe des Mannes, seine Frau zum Gehorsam zu nötigen. Darüber sollte sich ihre Tochter keine Illusionen machen, auch wenn ihr Freund sich jetzt als sehr liebenswürdig und tolerant gibt. Er kann gar nicht anders, als seine von der Grossfamilie erwartete Rolle zu spielen.

Ihre Tochter sollte sich auf jeden Fall vor der Eheschliessung von einem deutschen Rechtsanwalt beraten lassen. In Deutschland kann die Ehe nach deutschem Recht geschlossen werden, aber so lange ihr Freund die marokkanische Staatsangehörigkeit besitzt, muss auch ein islamischer Ehevertrag geschlossen werden, wenn das Paar nach Marokko reisen oder dort leben will. Nach islamischem Recht hat der Ehemann erheblich mehr Rechte als seine Frau. Das gilt im Blick auf Ehescheidung, Heirat einer zusätzlichen Frau, Kindererziehung, Vermögensverwaltung, Erbrecht und anderes mehr. Ihre Tochter sollte sich nicht der Illusion hingeben, dass ihr Freund seine muslimischen Rechte nicht beanspruchen würde. Die Familie wird ihn drängen.

Auch wenn Ihre Tochter sich auf eine Ehe einlassen will, sollten Sie sich bemühen, den Gesprächsfaden nicht abreissen zu lassen. Ihre Tochter könnte Sie noch dringend brauchen!

Eberhard Troeger
Pfarrer, Islamexperte, theologischer Mitarbeiter der EMO (Evangeliumsgemeinschaft Mittlerer Osten), Wiehl

Datum: 28.11.2003
Quelle: Chrischona Magazin

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