Erste Erfolge für Talk about

Die Talk about Projektleitenden Christa Reusser und Ruedi Löffel mit dem Resultat von 25 Alkohol-Testkäufen in der Region Bern

Bern. Eine Analyse der Eidgenössischen Alkoholverwaltung (EAV) bestätigt es: Jugendliche trinken weniger, dafür härtere Sachen. Marktrenner sind vor allem Alcopops wie Smirnoff, Hooch oder Bacardi-Breezer. Rund 30 Millionen Fläschchen wurden im letzten Jahr abgesetzt.

In einer Monitoringphase, die von Mai bis September 2002 dauerte, hat das Blaue Kreuz 23 Events im Kanton Bern besucht und das Trinkverhalten der Jugendlichen getestet. Die Ergebnisse sprechen eine deutliche Sprache, sagt Projektleiter Stephan Koller. Im Rahmen des Projektes "Talk About events" soll es nun zu einer Zusammenarbeit zwischen dem Blauen Kreuz und den Partyveranstaltern kommen.

Jamaica Cola oder British Tonic: Trendige Drinks ohne Alkohol sollen den Alcopop-Konsum von Jugendlichen eindämmen. 23 Events mit 80 000 Besuchern wurden diesen Sommer im Kanton Bern im Rahmen des Projekts "Talk about events" vom Blauen Kreuz besucht. Bedenklich: 21 000 Jugendliche zwischen 14 und 20 Jahren konsumierten vor allem Alcopops und Bier. "Das Verkaufsverbot von Alcopops an Jugendliche wird mangelhaft eingehalten", erklärt Ruedi Löffel, Projektleiter von "Talk about events".

Das soll sich ändern: Mit zehn Berner Veranstaltern will die Suchtpräventionsstelle Konzepte für einen besseren Jugendschutz erarbeiten. Eine Möglichkeit sind die Strange-Longdrinks ohne Alkohol, die der ehemalige Eishockey-Nati-Trainer Rudolf Killias bereits auf den Markt brachte. Die poppigen Büchsen enthalten Getränke, die wie Cola Rum oder Gin Tonic schmecken, aber nicht berauschen.

Erste Erfolge

Ein halbes Jahr nach den ersten Alkoholtestkäufen mit Jugendlichen hat das Blaue Kreuz im Rahmen von Talk about wiederum umfangreiche Tests durchgeführt. Erfreulicherweise zeigt das Resultat, dass Talk about das Problembewusstsein bei den Verkaufstellen verbessert hat und die Einhaltung der Jugendschutzvorschriften um gut 30% gestiegen ist.

Bei 88 von 164 Testkäufen konnten sich die Minderjährigen dennoch ille-galerweise mit insgesamt knapp 100 Liter Alkohol eindecken. Dies zeigt, dass der Alkoholmissbrauch durch Jugendliche immer noch viel zu wenig ernst genommen wird.Kassensysteme, die beim Scannen von Alkohol blockieren und zur Ausweiskontrolle auffordern, sind zur Unterstützung des Verkaufspersonals
unumgänglich.

Massnahmen mit geringer Wirkung

Nachdem Ende letzten Jahres von Talk about nachgewiesen wurde, dass sich 86% der 79 getesteten Alkoholverkaufstellen nicht an die Jugendschutzbestimmungen hielten, folgten umfangreiche Verbesserungsmassnahmen und viele Versprechungen. Zahlreiche Verkaufsstellen haben sich in Zusammenarbeit mit Behörden und Talk about mit der Problematik "Jugend + Alkohol" intensiv befasst.

Unzählige Informations- und Bittschreiben, sowie behördliche Anweisungen wurden verschickt. Politische Vorstösse auf nationaler, kantonaler und Gemeindeebene, zahllose Medienberichte und persönliche Kontakte haben dazu beigetragen, dass Jugendschutzkonzepte erstellt, Hinweisschilder aufgehängt und das Verkaufspersonal informiert wurde.

Ein echtes und konsequentes Umdenken in Sachen Alkoholabgabe an Jugendliche ist trotzdem erst ansatzweise festzustellen. Bei 88 von 164 Tests wurde illegalerweise Alkohol an Minderjährige verkauft. Dies entspricht im Vergleich zur ersten Testkaufserie einer Verbesserung um 32%.

Dieses Ergebnis gibt vor allem deshalb zu denken, weil der Alkoholmissbrauch durch Jugendliche fast täglich für Schlagzeilen sorgt.

Verdrängter Präventionsgedanke

Oftmals wurde den Jugendlichen der Alkohol mit dem Hinweis abgegeben, "niemandem etwas zu sagen" oder erst nach mehrmaliger Rückfrage, ob der Alkohol wirklich nicht selber konsumiert werde. "Eigentlich dürfte ich dir das Bier nicht verkaufen, aber ich mache eine Ausnahme" war ebenso zu hören, wie die unsichere Frage "gället, dier sit 16 gsi?". Dies zeigt, dass zwar das Wissen um die rechtlichen Bestimmungen da ist, jedoch die Angst vor einer negativen Reaktion oder das Umsatzdenken nach wie vor grösser sind als der Präventionsgedanke.

Grosse Unterschiede

Betrachtet man die Detailresultate, fallen zwei Dinge besonders auf: einerseits die regionalen und andererseits die Unterschiede zwischen den einzelnen Ladenketten.

Während sich die Situation in Bern (Verbesserung gegenüber Ende 2000 um 75%), Thun (53%), Köniz (46%) und Spiez (37%) massiv verbessert hat, ist in den kleineren und eher ländlichen Gemeinden wenig Veränderung (und Prob-lembewusstsein?) feststellbar.

Bei den grossen Ladenketten fallen Denner (Verbesserung um 46%) und Pick Pay (43%) positiv auf, während bei Coop die Verbesserung trotz neuem Jugendschutzkonzept nur 29% und bei der Landi nur 14% beträgt. Interessanterweise wurde den Jugendlichen in 7 Coop-Filialen an der Kasse das 6er-Pack Bier abgenommen, aber gleichzeitig der Apfelwein problemlos
verkauft.

Wenn die Kasse blockiert: Ausweiskontrolle

Als wirksame Verbesserungsmassnahme schlagen die Projektleitenden Christa Reusser und Ruedi Löffel vom Blauen Kreuz vor, die Kassensysteme so zu programmieren, dass die Kasse blockiert, sobald Alkohol registriert wird. Diese technische Unterstützung würde konsequente Ausweiskontrollen sehr erleichtern und die Verantwortung für den Jugendschutz würde nicht mehr
einseitig dem Kassenpersonal auferlegt.

Problemfeld Bars und Sommerparties

Besonders negativ aufgefallen ist die Tatsache, dass den minderjährigen Testpersonen bei 7 Tests in 4 Bars im Selve-Areal in Thun die bestellten Gummibärli und Bier ausnahmslos serviert wurden!

Bars und andere Restaurationsbetriebe, aber auch die Veranstalter der zahlreichen Sommerfestivitäten (Grümpelturniere, Open-Airs, Dorf- & Badifeste, etc.) werden aufgefordert, die Problematik des Alkoholmissbrauchs durch Jugendliche endlich ernst zu nehmen und den Jugendlichen den Alkoholausschank zu verweigern.

Zur Ausgangslage und den genauen Zahlen haben wir den Projektleiter des Blauen Kreuzes befragt.

Quellen: Blaues Kreuz/ERF

Audio: www.erf.ch/real.php?media=http://av2.init7.net/ramgen/erf/themen/audio3012.rm

Datum: 10.12.2002

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