Revolution im Kinderzimmer

Im Bann von Computerspielen: Hemmschwelle und Mitleidsfähigkeit nehmen ab.

«Rennen, schiessen, rennen, schiessen...» Viele Kinder und Jugendliche sitzen heute stundenlang vor dem Computer. Sie beschäftigen sich mit Spielen, in denen virtuell alles erlebbar ist: töten, quälen, Sex mit einem Computerwesen, Straftaten. Wie sollen Eltern und christliche Gemeinden darauf reagieren?

In den vergangenen Jahren vollzog sich im Bereich Computer und Virtualität ein beeindruckender Fortschritt. In Computerspielen kann sich der Benutzer mittels Tastatur, Joy-Stick oder anderen Geräten in vorgetäuschter Realität frei bewegen. Permanente Überarbeitungen der Programme ermöglichen ihm visuelle, hörende und fühlende Realitätsnähe. Je besser die Grafik und echter die Musik und Geräusche, um so mehr steigt die Sucht zum Weiterspielen.

Den Gegner beseitigen

Welche Auswirkungen derlei Spiele auf die Anwender im Kinder- und Jugendalter haben, ist noch wenig erforscht. Unwissende Eltern überlassen ihre Kinder sich selbst. Vermutlich verbringen 70 bis 80 Prozent aller Jungen ab 12 Jahren regelmässig Zeit mit Computerspielen, die erst ab 18 Jahren zugelassen sind oder aber unter Verkaufsverbot stehen. Vielfach handelt es sich um Militär- und Polizeieinsatzspiele. Hier geht es darum, möglichst viele Gegner zu erschiessen. Zitat aus einer Reklame: «Rennen, schiessen, rennen, schiessen, rennen, schiessen, Soldaten im Nacken, ...unter Geschützfeuer wegtauchen, Vorräte plündern, Stromzufuhr abschneiden, ...Feinde überraschen, .schiessen, um zu gewinnen.»

Der Spieler schlüpft in die Rolle eines Helden und kann virtuell nur überleben, wenn er Computerbots/Gegner tötet. Die Perfektionierung der Geschicklichkeit, der Schnelligkeit, die Anwendung der richtigen Waffen und Zaubersprüche führt zu einer «Belohnung» durch den Computer: mehr Macht, mehr Waffen, mehr Befehlsmöglichkeiten und ein persönliches Lob via Soundkarte.

Sinkende Mitleidsfähigkeit

Nicht wenige Teenager und Jugendliche und auch immer mehr Mädchen gehen täglich zwei bis vier Stunden an den Computer und beschäftigen sich mit Zerstören, Vernichten und Quälen der Computergegner. In einer Feldstudie zeigt sich der Trend, dass durch die Benutzung aggressiver Videospiele die Hemmschwelle und Mitleidsfähigkeit sinkt. Ständiges, intensives und realistisches Training lässt bei ähnlichen realen Handlungen und Extrem- oder Stresssituationen einen Film ablaufen, der nicht mehr nach virtuell oder realistisch fragt, sondern eintrainiertes Handeln durchzieht. Dabei wird das Empfinden für die eigene Verantwortung und Bewusstseinsfähigkeit ähnlicher Situationen in der Realität herabgesetzt.

Kompetenz gefragt

Die aktive Integration der Benutzer von Video-Spielen macht die Hilfe sehr schwer. Kinder und Jugendliche brauchen in ihren Eltern und Erziehenden kompetente Ansprechpartner, die ihnen menschliche, ethische und christliche Werte vermitteln. Es gilt, Jugendliche, Eltern und Lehrer zur Medienkompetenz zu führen. Väter und Mütter müssen zunächst Interesse zeigen und die atemberaubenden virtuellen Welten ihrer Kinder ein Stück verstehen lernen und sie begleiten. Eltern sollten wissen, was sich auf den CDs ihrer Kindern wirklich befindet.

Verbote sind fehl am Platz. Besser ist es, Vertrauen durch echtes Interesse und Gespräche mit dem Ziel aufzubauen, die Kinder zur Eigenverantwortung zu führen. Es ist für ein Kind und einen Jugendlichen nachvollziehbar, wenn ihm erklärt wird, dass ein Teil der Produzenten solcher Spiele gar nicht die Absicht hat, Kindern und Jugendlichen etwas Gutes zu tun, sondern mit ihnen Geld verdienen will.

Bald im Kindergarten?

Echtes Leben mit wahrer Liebe und zwischenmenschlicher Problembewältigung lässt sich durch Virtualität nicht ersetzen. Junge Menschen brauchen dazu akzeptierte Vorbilder in christlichen Gemeinden, an die sie sich wenden können.

Da die Entwicklung weitergeht, muss in naher Zukunft damit gerechnet werden, dass das Benutzeralter bei virtuellen Spielen bis ins Kindergartenalter absinkt. Eltern und Gemeinden sind deshalb gut beraten, wenn sie sich darauf einstellen und durch Kompetenz in dieser Thematik anderen Hilfe und Mitarbeit anbieten können.

Datum: 26.09.2003
Autor: Bernfried Schnell
Quelle: Chrischona Magazin

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