"Ich staune, was Gott alles möglich macht"

Der dreitägige Kongress christlicher Führungskräfte in Leipzig ist nach Veranstalterangaben mit der Rekordzahl von 3500 Teilnehmern zu Ende gegangen.
Die Gründer des Kongresses christlicher Führungskräfte: Pastor Horst Marquardt (rechts) und Prof. Jörg Knoblauch.
Kongressgebäude in Leipzig.
Heinrich O. Deichmann
Michael Inacker
Bei jedem Kongress als Referent dabei: Fernsehmoderator und Bestsellerautor Peter Hahne.

"An diesem Abend übergab ich Jesus mein Leben", sagt Enrico Paul. Vor zwölf Jahren wurde der frühere DDR-Jugendfunktionär Christ. Den Ausschlag gab ein Vortrag über den rumänischen lutherischen Pfarrer Richard Wurmbrand (1909-2001). Wie dieser jahrelang in rumänischer Haft an seinem Glauben festhielt, liess Paul "nicht mehr los". Heute ist der Bautzener Chef einer expandierenden Zeitarbeitsfirma mit mehr als 700 Mitarbeitern, die er nach christlichen Massstäben führt.

"Meine Geschichte zeigt, was Gott immer wieder möglich werden lässt", meint der Jungunternehmer. Damit traf er die Einstellung seiner Zuhörer in der Leipziger Messehalle. Sie quittieren seine Worte mit Applaus. "Mit Werten in Führung gehen", hiess das Motto beim "Kongress christlicher Führungskräfte".

In dem Glaubensbekenntnis von Firmenchef Enrico Paul scheinen die evangelikalen Wurzeln des Kongresses durch. Doch die konfessionellen Ursprünge verlieren an Bedeutung. 30 Prozent Kongressteilnehmer stammen aus Freikirchen und 60 Prozent aus einer evangelischen Landeskirche. Jeder zehnte ist katholisch; der Bund katholischer Unternehmer (BKU) und der Bundesverband der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung (KKV) wirken mit.

Aktienkurse als täglichen Andacht

Für manche werde «der Kontoauszug zur Bibel, der Quartalsbericht zur Offenbarung, die Lektüre der Aktienkurse zur täglichen Andacht und das Portemonnaie zum Hausaltar», kritisiert der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber. Er rief zu mehr Mitmenschlichkeit in der Wirtschaft auf. Geld sei nur ein Mittel, nicht das Ziel, mahnte der Bischof.

«Christliche Unternehmensprinzipien sichern Erfolg und Arbeitsplätze», ist der Unternehmer Jörg Knoblauch überzeugt. Der geschäftsführende Gesellschafter von «tempus»-Zeitplansysteme aus Württemberg hat den Leipziger Kongress mitorganisiert und dazu auch Heinrich O. Deichmann von der gleichnamigen Schuhhandelsgruppe eingeladen.

«Verantwortung wird wahrgenommen»

«Wir produzieren überwiegend in Niedriglohnländern», gibt Deichmann freimütig zu. «Das gehört zu unserer Niedrigpreisstrategie. Aber wir nehmen auch unsere Verantwortung wahr», betont der Baptist. Keine Kinderarbeit, Notfallkassen für die Mitarbeiter, Aufbau von Schulen in Indien, damit Kinder nicht in Steinbrüche zu gefährlicher Arbeit gehen müssen, nennt er als Beispiele christlich motivierter Hilfe.

Die Wirtschaft bezeichnete der evangelische Bischof Bohl als Hilfswissenschaft für das Leben. Erfahrungen aus diesem Bereich könnten somit auch der Kirche helfen. Deren zentrale Aufgabe sei jedoch die Verkündigung der christlichen Botschaft, betonte der Bischof. „Für das Wachstum der Kirche ist nicht nur der Bischof verantwortlich“, so Bohl.

Der Wirtschaftsjournalist Michael Inacker, früher Vizepräsident der DaimlerChrysler AG, erwartete von der Kirche mehr Hilfestellungen in ethischen Konflikten. Seiner Ansicht nach haben es die Kirchen versäumt, politische und wirtschaftliche Eliten anzusprechen, um ihnen bei schwierigen unternehmerischen Entscheidungen zu helfen. Als Alternative habe er zusammen mit Freunden ein Internet-Portal www.luther-stiftung.org gegründet, „um die Grundimpulse der Reformation in einen themenbezogenen und ergebnisorientierten Dialog von Kirche, Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zu übersetzen“.

Rückzug verboten

Die Kirche müsse stärker die Eliten in Politik, Wirtschaft und Medien erreichen, forderte der Journalist Peter Hahne Christen sollten Mut, Hoffnung und Zuversicht in einer weithin ratlosen und orientierungslosen Gesellschaft verbreiten. Aucht Entscheidungsträger könnten oft nicht mehr sagen, worin der Sinn des Lebens bestehe und welches Ziel sie anstrebten, sagte Hahne. Hoffnungslosigkeit bringe Angst hervor und lähme jede Initiative. „Rückzug ist verboten, Verantwortung geboten,“ rief der Bestsellerautor („Schluss mit lustig!“) den Christen aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Kirche zu. Sie hätten nach der dreitägigen Veranstaltung die Chance zu beweisen, „dass es geht, christlich zu führen.“

Teilnehmerzahl verdreifachte sich

Zum fünften Mal haben die Veranstalter – die evangelische Nachrichtenagentur Idea und die Firma Tempus-Zeitplansysteme – Vertreter aus Kirche, Wirtschaft, Medien und Politik eingeladen.

Mit ihren Kongressen haben Idea-Chef Horst Marquardt und Tempus-Geschäftsführer Jörg Knoblauch offenbar einen wachsenden Trend aufgegriffen. Die Zahl der Anmeldungen verdreifachte sich seit 1999 auf jetzt 3.500.

Zwei Drittel der Teilnehmer sind zum ersten Mal dabei, jeder vierte stammt aus den neuen Ländern. Vorträge, Foren, Ausstellungsstände und Andachten sollten aufzeigen, "warum es sich lohnt, sich an Jesus Christus zu orientieren", wie beide Initiatoren betonen.

"Erst verlieren wir unsere Werte, dann verlieren wir unseren Wohlstand", warnte Knoblauch. Er ermuntert seine Zuhörer, "die Klugheit des Evangeliums mit der Schlauheit der Welt zusammenzubringen".

Mix aus Warenmesse und Kirchentag

Der Besucher traf auf eine spezifische Mischung aus Warenmesse und Kirchentag. Auf dem Weg zum zentralen Veranstaltungssaal begegnet er einer Leistungsschau kirchlicher Organisationen und kirchennaher Unternehmen. Zugleich setzen auf der Bühne Gebete und christliche Popmusik einen geistlichen Akzent. Ganz anders als bei den üblichen Kirchentagen dominieren jedoch Anzug und Kostüm statt Strickpullover und lila Halstuch.

Der 6. Kongress christlicher Führungskräfte soll 2009 stattfinden.

Datum: 23.01.2007
Quelle: epd / Kipa

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