Perspektiven fürs Zusammenleben mit Ausländern

Gott macht keinen Unterschied der Herkunft und der Rasse“

Die Schweiz ist in den letzten Jahrzehnten zu einem multikulturellen Land geworden. Was bedeutet dies für Christen, die das Evangelium weitersagen wollen? „Interkulturelle Kommunikation ist in der Schweiz eine tägliche Herausforderung“, schreiben die Verfasser eines neuen Berichts. Sie plädieren für ein Zusammenwirken von ausländischen und Schweizer Christen in der Erfüllung des Missionsauftrags von Jesus.
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Das Dokument wirft auch die Frage auf, wie christliche Mission unter Menschen aus anderen Kulturen einen Beitrag zur Integration von Ausländern in der Schweiz leisten kann. 1,5 Millionen Menschen, die heute hier leben, sind selbst zugewandert; weitere 800'000 Personen sind Kinder oder Enkel von Zugewanderten.

Zur siebenköpfigen Spurgruppe von evangelischen Leitern, die den Bericht erstellt hat, gehören EVP-Nationalrat Walter Donzé, Hansjörg Leutwyler, Zentralsekretär der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA), und ihr Präsident Thomas Bucher. Den Anstoss zur Arbeit gab vor zwei Jahren die Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Missionen (AEM); an ihrer Jahrestagung letzte Woche in Männedorf wurde der Bericht abgegeben.

Im Neuen Testament keine Ausländer

Zahlreiche Anhaltspunkte zum multikulturellen Zusammenleben finden sich in der Bibel: Zur Zeit des Alten Testaments hatten Fremde im Volk der Israeliten „Anrecht auf Schutz, Liebe und Annahme, Zugang zu Festen und Riten, Vergebung und Gebet… Sie hatten aber auch gleiche Pflichten wie die Israeliten gegenüber Gottes Ordnungen.“

Im Neuen Testament ändert dies grundlegend, denn die Erfahrung des Fremdseins traf die meisten Christen der ersten Generation, damals eine kleine Minderheit. Laut dem Bericht gibt es „in biblisch-geistlichem Sinn keine ‚Ausländer’ mehr, sondern nur noch ‚Aussenstehende’“.

Hilfe für Entwurzelte

Nach Ansicht der Spurgruppe haben „die Christen die beste Ausgangslage, wenn es um die Integration von Ausländern geht“. Zwar sei in der Schweiz erst ansatzweise erkennbar, dass durch Christus alles Trennende zwischen den Völkern, Geschlechtern und verschiedenen Schichten dahinfalle.

„Umso erstaunlicher ist, was selbst die kleinen Anfänge bewirken… Entwurzelte ‚Secondos’ können eine Heimat finden und die nötige Unterstützung für verschiedenste Lebensfragen und ihre besonderen Herausforderungen. Auch ihren Eltern kann bei diesen Spannungen geholfen werden.“

Im Zwiespalt

Nüchtern hält der Bericht andererseits fest: „Das Verhältnis von Schweizer Christen zu den Ausländern ist oft zwiespältig. Es ist geprägt vom Wissen um das Gebot der Nächstenliebe und dem Missionsauftrag, aber auch von Ängsten,“ vor allem in ländlichen Gebieten.

Christen, die im Ausland durch Missionseinsätze interkulturelle Kompetenzen erworben haben, sollten sich hier als Vermittler einsetzen; sie können Ausländern im Umgang mit Behörden helfen, auch Sprachkurse und praktische Dienste anbieten.

Wichtiger als Unterschiede und Vorurteile

Der Bericht erwähnt die Missionsorganisationen, welche hierzulande das Evangelium an Ausländer herantragen. Die Spurgruppe plädiert für lokale und nationale Koordination und Kooperation nicht zuletzt unter den Dutzenden evangelischen Gemeinden von Immigranten: Wenn die Bibel von dem einen Leib Christi redet, muss das Arbeiten an der Einheit der Christen wichtiger sein als „unterschiedliche Lehrauffassungen oder ethnische Vorurteile“.

Mission in der anderen Richtung

Ein Kapitel des Berichts befasst sich mit den Ausländern, die meist aus Übersee ins ehemals christliche Abendland gekommen sind und nun in der säkularisierten Schweiz leben, um ihren Menschen das Evangelium neu zu sagen. Wer es noch nicht zur Kenntnis genommen hat, weiss es jetzt: „Mission durch Ausländer in der Schweiz findet statt.“

Doch eine breitere Missionsarbeit werde nur Erfolg haben, „wenn eine gemeinsame Vision für die Schweiz entwickelt wird“ und enge, freundschaftliche Beziehungen zwischen Eingesessenen und Neuankömmlingen gepflegt werden. Erst wenige Ausländergemeinden sind bisher in lokale Sektionen der Evangelischen Allianz aufgenommen worden.

Auf Versöhnung hinwirken, damit Integration gelingt

In einem gesellschaftspolitischen Teil spricht die Spurgruppe von der „starken Opposition“, welche der Migration erwachsen sei. „Misstrauen und Fremdenfeindlichkeit haben zugenommen.“

Dagegen halten die evangelischen Leiter den Grundsatz, dass das Evangelium keinen ausschliesst: „Gott macht keinen Unterschied der Herkunft, der Rasse, Sprache, des Geschlecht oder des sozialen Standes. Die Verkündigung des Evangeliums, Versöhnungs- und Integrationsarbeit sowie uneigennützige Hilfe können starke Kontrapunkte zum Zeitgeist setzen.“

Bericht von der AEM-Tagung, an der der Bericht der Spurgruppe vorgelegt wurde:
www.livenet.ch/www/index.php/D/article/180/16339/

Datum: 30.04.2004
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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