Christliche Werke

Warum viele die «Mission» aus dem Namen streichen

Bis vor einiger Zeit schien die Devise zu gelten: Nur, wo Mission draufsteht, ist auch Mission drin. Das hat sich geändert. Immer mehr traditionelle Missionswerke streichen die Mission aus ihrem Namen. Endlich – findet Hauke Burgarth
Die ehemalige «Pilgermission St. Chrischona» gab sich 2014 einen zeitgemässeren Namen: «Chrischona International».

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Das evangelische Nachrichtenmagazin idea berichtete gerade über diesen scheinbar merkwürdigen Trend. Etwas bedauernd klingt es, wenn Klaus Rösler darin zum bisherigen Namen eines christlichen Werkes feststellt: «Machte er bisher eindeutig klar, was eine Organisation wollte, muss er heute oft erklärt werden.» Doch die neue Namensgebung bei vielen Werken ist mehr als ein Modetrend, sie ist notwendig.

Zeitgemässes Auftreten

«Chrischona International» heisst der grösste pietistische Gemeindeverband im deutschsprachigen Europa. Diesen Namen trägt er seit 2014, die 174 Jahre vorher war er als «Pilgermission St. Chrischona» bekannt. So sinnvoll gute christliche Traditionen sind und so unveränderlich der Auftrag ist, so klar ist es auf der anderen Seite, dass sich Sprachgefühl und Wahrnehmungen in den letzten fast 200 Jahren gewaltig geändert haben. Daher betont René Winkler, Leiter von Chrischona International: «Wer diese Pilgermissionare sind und was sie machen, war den Menschen unklar. Gemeinsam mit dem neuen Namen haben wir unseren Auftrag auf den Punkt gebracht: Jesus erleben. Menschen fördern. Dem Nächsten dienen.» Kein Name kann – und soll – all das enthalten, was eine Organisation tut. Allerdings kann man mit einem Namen sehr wohl deutlich machen, ob man sich als Museum versteht, das in erster Linie alte Inhalte wertschätzt, oder als Werk, das heute verständlich kommunizieren will. 1840 wurde die Pilgermission gegründet. Im gleichen Jahr ging die allererste Briefmarke der Welt auf Reisen, die britische «One Penny Black». Dass die E-Mail inzwischen längst den Brief abgelöst hat, mag man bedauern – aber es ist zeitgemäss. So zeitgemäss wie die Umstellung auf «Chrischona International».

Strategisches Vorgehen

Aus dem grössten protestantischen Missionswerk Deutschlands, der «Deutschen Missionsgemeinschaft» wurde 2013 «DMG interpersonal», aus «Missionshaus und Bibelschule Wiedenest» bereits im Jahr 2009 das «Forum Wiedenest». Beide Werke erklären diese Umbenennung mit einem strategischen Vorgehen, das sich an den Einsatzländern orientiert. Detlef Blöcher (DMG) meint gegenüber Idea: «Mission ist dort zu einem Unwort geworden. Es hat eine schlechte Presse.» In der Regel arbeiten die Mitarbeiter dieser Werke in Regionen, in denen es nur wenige Christen gibt. «Wenn da ein Beamter wegen des Wortes Mission keine Arbeitserlaubnis erteilt, dann haben unsere Leute auch keine Gelegenheit, die gute Nachricht von Jesus weiterzugeben», erläutert Blöcher pragmatisch. Allerdings geht es nur darum, das Reizwort Mission zu vermeiden, das in mancher islamisch geprägten Gesellschaft fast schon nach Kreuzzug klingt. Keines der Werke verheimlicht seine christliche Ausrichtung.

Biblische Orientierung

«Den Juden bin ich einer von ihnen geworden, um sie für Christus zu gewinnen... Ja, ich versuche bei allen Menschen eine gemeinsame Grundlage zu finden, um wenigstens einige von ihnen für Christus zu gewinnen.» (1. Korinther 9, 20-22) So fasst Paulus sein missionarisches Anliegen zusammen, das erstaunlicherweise ganz ohne den Begriff «Mission» auskommt. Denn das scheinbar so biblische Wort kommt in der Bibel gar nicht vor. Ein durchaus hilfreicher Ansatz für Christen, die Angst davor haben, dass das Streichen der «Mission» aus dem Namen zum Verwässern des Auftrags führen könnte.

Gewachsene Veränderungen

Die internationale Missionsbewegung «Campus Crusade for Christ» (Universitäts-Kreuzzug für Christus) tritt seit langem unter verschiedenen Namen auf, je nach Region. Jetzt hat die US-amerikanische Mutterorganisation sich umbenannt in «cru:». Das Kunstwort klingt nach dem alten Namen, vermeidet den unseligen «Kreuzzug» und gleichzeitig ist darin die Crew, eine Mannschaft oder Team, enthalten. Neben den strategischen Gründen, den Namen des Werks umzustellen, überwog hier die Gewohnheit. Die Mitarbeiter redeten schon seit Jahren von «cru». Die Umbenennung hat nur festgeschrieben, was sowieso schon Praxis war. Fast wie bei Abkürzungen durch die Grünstreifen von Parkplätzen, die dann im Nachhinein asphaltiert werden, weil sie sowieso jeder benutzt.

In Bewegung

Einen eingeführten Namen wechselt man nicht leichtfertig. Und schon gar nicht häufig. Auch bei christlichen Werken gilt, dass ein Name viel leistet: Er macht uns ansprechbar, erzeugt das Gefühl einer Vertrautheit, definiert, wer wir sind. Gleichzeitig müssen Bezeichnungen in Bewegung bleiben, weil sich unsere Umgebung und unsere Wahrnehmung verändern. Manches geht einfach nicht mehr: Vor 100 Jahren war Adolf ein gängiger Name – heute kann man sein Kind nicht mehr so nennen, selbst wenn man es wollte. Manches geht einfach nicht mehr: Mission klingt momentan negativ oder veraltet oder beides. Daher sollten noch mehr Missionsgesellschaften die «Mission» aus ihrem Namen streichen. Damit sie ihren Auftrag ausführen können und auch heute noch verstanden werden.

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Datum: 13.04.2015
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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