Ein Treffen mit Annelies Schneller

Zwei Fische und fünf Brote in einem Tropfen enthalten, das ist das Logo der Bartimäus-Projekte, die Annelies Schneller ins Leben gerufen hat. Wie in dem Bericht der Bibel hat Gott das Wenige vermehrt, das sie ihm zur Verfügung stellte, um Ermutigung und Hoffnung für viele zu bringen. Die Bartimäus Projekte sind Projekte unter Behinderten im Ausland, mit dem Ziel der sozialen und geistlichen Integration in die Gesellschaft. Wenn ein Land ökonomisch am Boden liegt, wegen Armut, Umweltkatastrophen oder
Krieg, dann sind die Behinderten diejenigen, denen zuletzt geholfen wird, weil sie an der letzten Stelle der «Leiter » stehen. Ich treffe Annelies in ihrem Zuhause. Hier einige Eindrücke, die mir wichtig geworden sind: Annelies lebt mit ihrer Familie und zur Zeit auch mit einer Gastfamilie zusammen. Sie hat immer schon Menschen um sich gehabt, die ihr helfen und gleichzeitig eine Assistenzzeit bei der Familie absolvieren. An den Küchenschränken sind Zettel in deutscher, englischer und spanischer Sprache angebracht, damit jeder Besucher weiss, wo welche Utensilien zu finden und versorgen sind. Heute kam auch der neue Hausmeister vorbei, um sich vorzustellen. Ihm wird erklärt, dass der Trocknungsraum des Miethauses
zweimal im Jahr für einige Tage Familie Schneller zur Verfügung steht: Laut offiziellem Beschluss der Liegenschaftsverwaltung haben sie das Recht, die Räumlichkeiten als Schlaflager zu nutzen. Ich bin sprachlos. Manchmal halten sich mehr als 15 Menschen in diesen Wohnräumen auf – dann geht es in der Wohnung von Familie Schneller zu wie in einem Bienenstock.

Aus dem Leben von Annelies

Wer ist diese Annelies Schneller, die von ihren Freunden liebevoll Asi genannt wird? Sie ist seit 1977 mit Peter verheiratet und Mutter von zwei Teenagern: Chriss (18) und Andrina (15). Eigentlich begann ihr Weg mit Gott schon als Kind, und sie erlebte seine Hilfe und Unterstützung ganz konkret von klein auf. Mit einer Behinderung kam sie auf die Welt und war mit Grenzen konfrontiert. Dort, wo fünf Finger an jeder Hand sein sollten, sind nur zwei. Aber Grenzen sind da, um überwunden zu werden, das scheint das Motto von Annelies zu sein. Als Kind wollte sie alles ausprobieren, aber manches blieb ihr verwehrt. Auch Stricken wollte sie lernen, und alle Bemühungen der Mutter, Geschwister und Lehrerin ihr dies beizubringen, schienen vergeblich. So bat sie Gott konkret um Hilfe, und er erhörte ihr Gebet. Heute strickt sie, und sie arbeitet in ihrem gewählten Beruf als Lehrerin.

Die Anfänge

Ihr internationaler Dienst für den Herrn begann einfach im engsten Kreis. Frau, Lehrerin und Mutter mit einer Behinderung, das ist schon genug – so würden wohl viele denken. Nicht aber Annelies. Sie hat gelernt, auf einen grossen Gott zu vertrauen, der das Wenige, was sie Ihm zur Verfügung stellt, vermehren kann. Ihre «Karriere » begann in der Pfadi, dann wurde sie Mitarbeiterin in der VBG. Heute leitet sie eine Arbeit, die internationaleAuswirkungen hat. Nicht die grossen Träume trieben sie, sondern der Mut, im Vertrauen auf Gott einen Fuss vor den anderen zu setzen und das zu tun, was es gerade zu tun galt. Sie begann sich um die Frauen der internationalen Studenten zu kümmern, die wenig Kontakt zur Schweizer Bevölkerung hatten. Dadurch entstand eine Frauenarbeit. Durch diese Kontakte eröffneten sich weitere Beziehungen zu Studenten aus aller Welt. Ohne viel institutionalisierte Organisation wuchs ein Bereich nach dem anderen. Vor 18 Jahren begann sie mit der Familie, die Studentencamps zu organisieren. Ziel dieser Lager war, über die Faszination des Sports (Surfen,Schwimmen, Skifahren etc.) Studenten anzusprechen und sie in diesen Camps auch mit dem Evangelium in Berührung zu bringen. Vor einem Jahr wurden 12 chinesische Studenten in einer Gemeinde getauft. Viele von ihnen machten erste Schritte in den Camps. Die Arbeit unter Behinderten begann durch einen Studentenkontakt im Ausland. Annelies wurde nach Peru zu einem Studenten eingeladen. Sie wollt etwas Sinnvolles mitbringen und nahm einen Rollstuhl mit. Dieser Impuls setzte etwas frei: Es entstand ein Freundeskreis, und heute gibt es in Peru eine Rollstuhlwerkstatt, die mit Ressourcen aus dem eigenen Land Rollstühle baut, um den Behinderten dort mehr Bewegungsfreiheit zu ermöglichen.

Peters Slumprojekt

Kurz erwähnen möchte ich auch das Slumprojekt, das Peter betreut. Es andelt sich um die Herstellung von
ökologisch angepassten sanitären Anlagen, um die Hygiene zu verbessern. Diese praktische Hilfe scheint ein Tropfen auf den heissen Stein zu sein, aber sie kommuniziert nicht nur den Menschen aus notleidenden Ländern die Liebe Gottes, sondern setzt zugleich geistliche Kräfte frei. «Die Projekte von uns stehen immer auf zwei Beinen», erklärt mir Annelies, «auf einem sozialen und einem geistlichen. Wichtig sind beide Beine. Deshalb kam uns 1993 die Idee, eine ‘portable-Zahnklinik’ nach Rumänien mitzunehmen.
Mit dieser reisen wir innerhalb eines Landes umher und dienen den Menschen vor Ort ganz praktisch. Mit dabei im Team sind ein Zahnarzt und zwei Ärzte». Gebet und Arbeit – oder trendiger ausgedrückt: prophetisch hören und apostolisch handeln.

Unterstützung durch die Studenten

Immer wurden wir von Studenten unterstützt. Die Beziehung zu ihnen bildet die Basis in einem Land, von
der aus wir operieren. Wir bauen keine hierarchischen Strukturen, bei uns läuft alles über Freundschaft und Beziehung », klärt mich Annelies über das Geheimnis des Wachstums auf. Strukturen gegründet auf Beziehung – diese Lektion hat Annelies durch ihre Begrenzung von Kindesbeinen an gelernt. Natürlich gewachsene Strukturen ermöglichen schnelle und effiziente Entscheidungen. Aus dieser Vorgehensweise
läßt sich gewiss noch einiges ableiten zum Thema Gemeinde- und Reich-Gottesbau.

Gott vermehrt, was wir ihm zur Verfügung stellen

In dieser Begegnung wurde deutlich, dass Gott alles vermehren kann, was wir ihm zur Verfügung stellen; auch wenn wir meinen, es seien halt nur fünf Brote und zwei Fische. Aber wir müssen ihm das Brot und den Fisch zur Verfügung stellen. Annelies hat praktisch gehandelt, die Haustüre geöffnet und die Menschen hereingeholt. Sie hat die Initiative ergriffen – trotz ihrer Begrenzung. Auch war sie nie alleine, ihre Familie und ihr Team sind ihre wichtigsten Ergänzungen. In der Kirchengeschichte können wir sehen, dass Frauen immer wieder grosse Werke ins Leben gerufen haben, und da stand – im Gegensatz zu vielen
Geindebaubüchern – nicht zuerst die Vision eines Einzelnen, die bis ins letzte Mausloch ausgedacht wurde, im Vordergrund, sondern der Wunsch, Gott zu dienen und ihm vorbehaltlos alles zur Verfügung zu stellen, sogar die eigene Schwäche. Dann wurden die Ärmel hochgekrempelt, und es wurde sinnvoll angepackt.

Datum: 29.07.2002
Autor: Mary-Anne Bufton
Quelle: Focusuisse

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