Weltliche Instanzen übernahmen Hauptrolle in Hexenverfolgung

Steckbrief Anna Göldis, Zürcher Zeitung vom 9. Februar 1782.

Die Kirche war nicht direkt in Hinrichtungen von Hexen involviert, so Hans-Jörg Gilomen, Professor für Geschichte des Mittelalters an der Universität Zürich.

"Ecclesia non sitit sanguinem - die Kirche dürstet nicht nach dem Blut." Dennoch habe die Kirche die Untersuchungen der "Hexen" initiiert und durchgeführt, sagt Gilomen in einem Interview mit dem Tages-Anzeiger. Die Bestrafung derjenigen, die gestanden hatten, habe sie dann dem weltlichen Amt übergeben. Die Verfolgung der Zauberei wurde durch Papst Alexander IV. ausdrücklich der in den 1230er Jahren geschaffenen Inquisition übertragen. Sie wurde auf Grund von Denunziationen ohne formellen und verantwortlichen Kläger tätig. Zunächst war also die Kirche zuständig, da es um die Frage des richtigen Glaubens ging.

Es war laut Gilomen aber keineswegs immer die Kirche, die die Prozesse führte. In der Neuzeit waren es die weltlichen Instanzen, welche die Hauptrolle in der Hexenverfolgung übernahmen. Im Zentrum der Anklage gegen die vermeintlichen Hexen stand der Pakt mit dem Teufel. Dieser Pakt bewies für die Richter den Abfall des Glaubens und liess die Hexerei als Häresie - also Ketzerei - erscheinen, so Gilomen.

Die letzte Hexe Europas

Im bekanntesten Schweizer Fall einer Hexenhinrichtung waren aber wohl eher weltliche Interessen für das Urteil ausschlaggebend: 1780 begann Anna Göldi als Magd bei der reichen und einflussreichen Glarner Familie Tschudi zu arbeiten. Als bei der Tochter des Arztes, Ratsherrn und Richters Johannes Tschudi mehrfach Stecknadeln in der Frühstücksmilch gefunden wurden, wurde die Magd Göldi dafür verantwortlich gemacht und entlassen. Als das Mädchen dann noch anfing, Stecknadeln zu speien und an "gichterischen Anfällen" litt, wurde Göldi unter Folter zu einem Geständnis gezwungen, als Hexe verurteilt und 1782 enthauptet.

Es wird vermutet, dass Göldi ein Verhältnis mit ihrem Hausherrn gehabt hatte. Wer damals Ehebruch beging, wurde allerdings von allen Ämtern enthoben. Nur durch Druck des ehemaligen Hausherren Göldis wurde die Frau hingerichtet.

Rehabilitierung Göldis gefordert

Momentan herrscht ein Streit um die letzte Hexe Europas. Da die Glarner Kantonsregierung die als Hexe hingerichtete Anna Göldi nicht rehabilitieren will, fordert eine Parlamentariergruppe mit Ständerat Fritz Schiesser an der Spitze nun mit einer Motion den Landrat auf, doch noch eine öffentliche Rehabilitierung auszusprechen. Der Glarner Landrat entscheidet im Herbst über den Antrag.

Datum: 19.06.2007
Quelle: Kipa

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