Programmatischen Rede

Benedikt XVI. für Dialog und weitere „Reinigung des Gedächtnisses“

Papst Benedikt XVI. hat sich in seiner ersten programmatischen Rede zur Fortsetzung des Ökumene- und Dialogkurses seines Vorgängers bekannt. Sprecher des Judentums würdigen Joseph Ratzingers Verdienste um den Brückenschlag zwischen dem Vatikan und den Juden.
Joseph Ratzinger jubelt den feiernden Menschen zu.
Israel

Der neue Papst unterstrich am Schluss seiner ersten Messe am Mittwochmorgen, er betrachte die Wiederherstellung der sichtbaren Einheit aller Christen als "vorrangige Aufgabe", der er sich mit aller Energie widmen wolle.

"Der theologische Dialog ist notwendig", sagte der Papst, und die geschichtlichen Gründe von Entscheidungen der Vergangenheit müssten erforscht werden. Am wichtigsten sei aber die "Reinigung des Gedächtnisses", die Johannes Paul II. so oft erwähnt habe, denn sie allein könne Seelen dazu bringen, dass sie die volle Wahrheit von Christus annähmen.

Der Pontifex brachte den Willen zum Ausdruck, jede Initiative zu unterstützen, die die Kontakte und das Einverständnis mit Vertretern anderer Kirchen fördern kann.

Weiter im Gespräch mit anderen Religionen

Zugleich sicherte der neue Papst auch den nichtchristlichen Religionen die Fortsetzung des Dialogs zu. "Die katholische Kirche will mit ihnen weiterhin einen offenen und aufrichtigen Dialog fortsetzen, auf der Suche nach dem echten Wohl des Menschen und der Gesellschaft."

Eindringlich rief Benedikt XVI. den Frieden Gottes für die gesamte Menschheitsfamilie herab. "Ich erkläre die Bereitschaft aller Katholiken, an einer echten sozialen Entwicklung mitzuarbeiten, die die Würde jedes einzelnen respektiert", sagte der neue Papst. Daher wolle er den von seinen Vorgängern eingeleiteten und vielversprechenden Dialog mit den verschiedenen Zivilisationen fortsetzen. Denn aus gegenseitigem Einvernehmen erwüchsen die Bedingungen für eine bessere Zukunft für alle.

Ratzingers Einsatz für vatikanisch-jüdische Beziehungen

Sprecher des Judentums haben die hervorragenden Verdienste von Kardinal Ratzinger bei der Aufnahme von Beziehungen zwischen dem Vatikan und dem Staat Israel gewürdigt. Laut Rabbi David Rosen, der daran beteiligt war, fühlt sich der neue Papst guten Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und dem jüdischen Volk verpflichtet. Seine Wahl sei eine gute Nachricht für die Juden, sagte Rosen. Der polnische Papst, beraten von Ratzinger, hatte bekanntlich als erster überhaupt eine jüdische Synagoge aufgesucht.

Israel Singer, der Vorsitzende des Jüdischen Weltkongresses, verwies darauf, dass Ratzinger die theologische Grundlage für die Entscheidung von Johannes Paul II. gelegt hatte, mit Israel diplomatische Beziehungen aufzunehmen. „In den letzten 20 Jahren hat er die 2000-jährige Geschichte der Beziehungen von Juden und Christen in neue Bahnen gelenkt.“

Ratzinger hatte Israel vor der Aufnahme diplomatischer Beziehungen im Jahr 1993 mehrmals privat besucht. Kurz danach trat er in einem Vortrag an einer jüdisch-christlichen Konferenz für ein besseres Verhältnis ein.

Der Präfekt der Glaubenskongregation, der als Knabe in Bayern die Nazizeit erlebt hatte, schrieb auch das Vorwort zu einer massgebenden katholischen Studie über das Verhältnis der beiden Religionen, in der die jüdische Weigerung, Jesus als den Messias anzuerkennen, differenziert beleuchtet wird. Vor allem wird der alte, fürchterliche, dem Judenhass förderliche Vorwurf, sie hätten damit Gott abgelehnt, zurückgewiesen. Für Rosen ist es höchst erstaunlich, dass es Ratzinger gelang, die Ablehnung von Jesus durch die Führer der Juden als ein Element in Gottes Heilsplan positiv umzudeuten.

Hoffnung auf Einvernehmen mit Islam

Auch in der islamischen Welt gab es positive Reaktionen auf die Wahl des Papstes. Hoffentlich werde Benedikt XVI. in den Spuren seines Vorgängers den Frieden in der Welt fördern, sagte der pakistanische Islam-Gelehrte Hafiz Hussain Ahmed.

Ali Machsan Musa, Sprecher der indonesischen Nahdlatul Ulama, der weltweit grössten islamischen Massenbewegung, äusserte die Erwartung, der neue Papst werde zu einer weiteren Verbesserung der Beziehungen zwischen den Religionen beitragen.

Quellen: Livenet, Kipa, Haaretz u.a.

Datum: 21.04.2005
Autor: Peter Schmid

Publireportage
Werbung
Livenet Service
Werbung