Wahrsager irrten sich auch im Jahr 2003

Wahrsagen

Der Bundeskanzler heisst weder Edmund Stoiber noch ist der Terrorist Bin Laden gefasst worden. Auch die Vorhersagen, dass der Sänger Michael Jackson ein grosses Comeback feiert, die niederländische Königin Beatrix abdankt und der Wechsel des Schauspielers Arnold Schwarzenegger in die Politik scheitert, erwiesen sich als Flops.

All diese Szenarien haben Wahrsager und Astrologen für das Jahr 2003 in den Sternen gelesen. Doch in Zukunftsfragen ist auf den Himmel anscheinend kein Verlass, stellt der Mainzer Mathematiker Michael Kunkel nüchtern fest.

Astrologen rechnen zwar mit einer steigenden gesellschaftlichen Anerkennung ihrer Arbeit. Etwa jeder Dritte sei überzeugt, dass die Sterndeutung eine akademische Disziplin werde, heisst es in einer Studie des Deutschen Astrologen-Verbandes (Stuttgart), die die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) in Berlin in ihrem “Materialdienst” vorstellt. Fast 95 Prozent der Befragten erwarteten eine deutliche Verbesserung ihres Status. Doch wenn es dazu kommen soll, dann müssten die Vorhersagen auch eintreffen.

Auch 2003 gründlich daneben

Am 5. Mai war der Weltuntergang. Und keiner hat's gemerkt. Im Reigen um den jeweils aktuellsten Termin für das Ende der Menschheit tanzte anno 2003 ein selbst ernannter Häuptling namens "Black Eagle Malachi" aus der ländlichen US-Gemeinde Eatonton bei Atlanta an der Spitze. Doch statt eines rettenden Raumschiffs mit "144 000 Plätzen" für die Auserwählten kam die Polizei - und verhaftete den Untergangspropheten wegen Kindesmissbrauchs.

"Black Eagle Malachi" war nicht der Einzige, der im Trüben statt im "Drüben" fischte. Auch 2003 lag die Zunft der Hellseher, Wahrsager und Astrologen wieder einmal gründlich daneben. Weder wurde CDU-Chefin Angela Merkel nach vorgezogenen Neuwahlen im Oktober Kanzlerin einer grossen Koalition (so die bekannte Tournee-Astrologin und Handleserin Patricia Schwennold bzw. Bahrani), noch wurde die Ehe zwischen Gerhard Schröder und Doris Schröder-Köpf geschieden, wie der Star-Astrologe und Nostradamus-Deuter Kurt Allgeier in den Sternen las. Weitere Nieten von Allgeier betrafen Herbert Grönemeyer (zieht zurück nach Deutschland), Stefan Raab (erhält eine neue Show), Michael Jackson (grosses Comeback), Nena (wird schwanger), Arnold Schwarzenegger (sein Wechsel in die Politik scheitert) und Königin Beatrix (dankt ab).

Ähnlich blamable Astro-Flauten gab es für den Medien-Astrologen Winfried Noé, der beim Privatsender TV Berlin eine eigene Fernsehshow hat. Noé prognostizierte für den FDP-Politiker Jürgen W. Möllemann "Erfolge als Redner zwischen Mai und November". Möllemann starb Anfang Juni bei einem Fallschirmsprung. Osama bin Laden gefasst, der Euro abgeschafft, ein Attentat auf Aussenminister Fischer, eine neue Flutkatastrophe in Deutschland, die Trennung von Andre Agassi und Steffi Graf... Alles falsch.

"Die vollmundigen Behauptungen diverser Astrologen und Wahrsager in der Öffentlichkeit stehen in krassem Widerspruch zu ihren Prognoseleistungen", erklärt der Mainzer Mathematiker Michael Kunkel. Für die "Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften" (GWUP) nahm Kunkel über 100 Vorhersagen für 2003 beim Wort und verglich sie mit der Wirklichkeit. Ergebnis: Offensichtlich können die selbst ernannten Prognoseexperten weder in einer Kristallkugel noch in den Sternen die Zukunft richtig vorhersehen. So blieb auch der in seltener Einigkeit von einem halben Dutzend "Seher" erwartete Anschlag auf George W. Bush aus.

"Ein weiterer Klassiker im Angebot der alljährlichen Fehlprognosen sind Nuklear-Katastrophen", so Kunkel weiter. Wie schon in den Vorjahren überwiegend für Japan und das Territorium der ehemaligen Sowjetunion vorausgesagt, ist der Welt 2003 glücklicherweise auch dieses Schreckensszenario erspart geblieben.

Erfolgreicher war der "spirituelle Astrologe" Norbert Giesow aus Kronshagen, für den sich "deutlich die Kriegsgefahr" für den Irak zeigte. Kunkel: "Zum Zeitpunkt der Prognose am 31. Dezember 2002 war das in etwa so schwierig wie den morgigen Sonnenaufgang vorherzusehen."

Die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften e. V. (GWUP) ist ein wegen der Förderung der Volksbildung als gemeinnützig anerkannter Verein, in dem sich über 700 Wissenschaftler und wissenschaftlich Interessierte für die Förderung der Wissenschaften und des kritischen Denkens einsetzen.

Die GWUP informiert aus wissenschaftlicher Sicht über Parawissenschaften, Pseudowissenschaften und verwandte Überzeugungssysteme. Sie wenden sich gegen pseudowissenschaftliche Behauptungen und esoterische Heilslehren und möchten durch fundierte Informationen die Anfälligkeit für pseudowissenschaftliche Vorstellungen und Versprechungen abbauen.

Autor: Michael Kunkel
Quelle: Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP)

Datum: 07.01.2004

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