Christliche Hotels

«Die Zeit für Investitionen ist gerade jetzt ideal»

2011 war für die Schweizer Tourismusbranche ein schwieriges Geschäftsjahr. Die Schuld wird vor allem dem starken Franken zugeschrieben. Dieser schreckte Feriengäste aus dem Ausland ab. Wie beurteilen drei Hoteliers aus dem Verband der Christlichen Hotels (VCH) die Entwicklung, wo liegt Potenzial und was macht für sie ein christliches Hotel aus?
Wunderschöne Aussicht: Hotel Artos in Interlaken
Peter Flückiger
Markus Hari
Eli Wengenmaier

«idea Spektrum»: Wie haben sich die veränderten Bedingungen in der Tourismusbranche in Ihrem Betrieb ausgewirkt?

Peter Flückiger, Leiter Casa Moscia, Ascona TI: Wir merkten den starken Frankenkurs. Wir haben 22 Prozent deutsche Gäste. Es gab einen Rückgang vor allem bei Schülern und Studenten. Teilweise kommen auch weniger Einzelgäste. Auch schweizerische Gruppen bleiben kürzer, weil soziale und staatliche Institutionen weniger Mittel zur Verfügung stellen. Insgesamt ist die Entwicklung aber noch nicht gravierend. Im letzten Jahr hatten wir einen Rückgang von sechs Prozent. Schon länger merken wir, dass den Reisenden die ganze Welt offen steht. Wir sind eine von vielen Möglichkeiten auf dem globalen Markt.

Markus Hari, Leiter Hotel Artos, Interlaken BE:
Wir verzeichnen sogar ein Rekordjahr. Gesamthaft haben wir rund 80 Prozent Schweizer Gäste und viele Stammgäste und Gruppen von Kirchgemeinden und Behinderten-Organisationen, da wir viele rollstuhlgängige Zimmer haben. Seit ein paar Jahren kommen vor dem Ramadan zudem viele Gäste aus den Golfstaaten, die oft für mehrere Nächte bleiben. In Interlaken ist die Jungfraubahn natürlich ein starker Motor. Zusätzlich gab es letztes Jahr eine Aktion der Raiffeisenbanken. Wenn Gäste aus dem Euroraum vorauszahlen, garantieren wir ihnen dieses Jahr einen Eurokurs von 1.35 Franken.

Eli Wengenmaier, Geschäftsführer Hotel Eichberg, Seengen AG:
Unser Betrieb ist stark auf Schweizer Gäste ausgerichtet. Wir haben den starken Franken kaum gespürt, sondern im Gegenteil sogar um 14 Prozent zugelegt. Wir sind stark im Gesundheitsmarkt verankert. Die Gesundheitsgäste wandern nicht so schnell ins Ausland ab, weil die Versicherungsleistungen dort nicht so einfach abgerechnet werden können.

Wo sehen Sie Potenzial und Wachstumsmöglichkeiten?

Peter Flückiger:
Seminarangebote laufen sehr gut. Bibelwochen ziehen nicht mehr so, eher schon seelsorgerliche Themen. Generell sind kürzere und spezifischere Angebote besser. Es gibt eine Unmenge an Angeboten, da muss man eine Nische finden und sich aktiv um Gäste bemühen. Junge Leute melden sich mit ihrer Jugendgruppe an, mit denen sie auch Ferien machen wollen. Vor Internet und Facebook war die Neugier grösser, in den Ferien neue Leute kennenzulernen. Heute sind in der Vielzahl der Möglichkeiten eher bekannte, vertraute Beziehungen gefragt.

Markus Hari: Bei uns sehen wir im Winterhalbjahr Potenzial. Da gibt es die Möglichkeit, vermehrt Seminare abzuhalten. Über das Seminarangebot kann man sich profilieren. In der Schweiz ist es wichtig, dass man Qualität bietet, vor allem durch Dienstleistungsbereitschaft. Wellnessbereich und Wireless-Internet gehören heute für ein Dreistern-Ferienhotel dazu. Das haben wir seit 16 Jahren.

Eli Wengenmaier:
Aktuell planen wir einen Hotelneubau mit 50 Zimmern, Bankett-, Seminar- und Wellnessbereich mit Vierstern-Standard. So wollen wir versuchen, die Saisonlastigkeit etwas auszugleichen. Wir werden aber ein Gesundheitshotel bleiben und schauen zuversichtlich in die Zukunft. Die Zeit für Investitionen ist jetzt ideal. Es gilt, antizyklisch zu handeln, da das Zinsniveau momentan sehr attraktiv ist und die Konjunktur sich wellenartig bewegt. Es bringt nichts, den Kopf in den Sand zu stecken. Vielmehr sind innovative Ideen und Konzepte gefragt, um einen Schritt voraus zu sein.

Was bringt die Zugehörigkeit zum VCH, und was bedeutet es, ein christliches Hotel zu sein?


Peter Flückiger: Die Mitgliedschaft hat vor allem ideelle Gründe. Der VCH kann durch seine Grösse auch eine gewisse Marketingwirkung entfalten. Für uns Christen ist Gastfreundschaft eine wichtige Aufgabe. Bei uns ist nicht der Kunde König, sondern Gott. Das motiviert zu Gastfreundschaft. Das ist eine Art von «Vorevangelisation». So erhalten Menschen die Möglichkeit, mit Christen in Kontakt zu treten, ohne gleich bearbeitet zu werden.

Markus Hari: Für uns steht der ideelle Wert des VCH im Vordergrund. Einzelgäste und Gruppen suchen oft auch über den VCH. Dies bringt zusätzliche Übernachtungen. Als Christen bieten wir etwas an, das andere nicht haben: Gottesdienst, Morgenandacht, Themenwochen. Den arabischen Gästen schenken wir jeweils die DVD «More than Chocolate und Cheese». Für uns ist es wichtig, dass die christliche Grundhaltung in der Atmosphäre des Hauses spürbar ist. Unsere Ausrichtung auf Behinderte und Senioren braucht Geduld und Rücksicht. Es zählt vor allem die gute Qualität. Auch etwas «Frommes» kann gut sein.

Eli Wengenmaier: Der ideelle Wert steht im Vordergrund. Aber auch das Marketing mit der professionellen Homepage und dem Hotelverzeichnis ist spürbar. Die Qualitätsorientierung ist ebenfalls positiv und hilft bei der stetigen Verbesserung des Angebots. In der Geschäftsleitung versuchen wir, die christlichen Werte zu leben und auch gegenüber Geschäftspartnern, Gästen und Mitarbeitern umzusetzen. Wir bieten unseren Gästen Gottesdienste im Haus an und haben auch ein offenes Ohr für ihre Anliegen. Wir möchten den Mitarbeitern und Gästen ehrliche Wertschätzung entgegenbringen und ihnen eine angenehme Atmosphäre schaffen. Ausserdem unterstützen wir mit einem Teil unseres Gewinns verschiedene christliche Organisationen und Hilfswerke.

Die drei befragten Hotels sind Mitglied beim «Verband der christlichen Hotels» (VCH) Schweiz. Sie wiederspiegeln ein gewisses Spektrum an unterschiedlichen Angebotsmöglichkeiten und Schweizer Ferien-Regionen.

Webseiten:
Verband Christlicher Hotels

Datum: 20.04.2012
Autor: Christof Bauernfeind
Quelle: ideaSpektrum Schweiz

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