Streitgespräch

«Braucht die Gesellschaft Religion?»

Sollen sich Kirchen aus Religionsunterricht und diakonischer Arbeit zurückziehen? Braucht die Gesellschaft Religion? Über diese Forderung haben ein Atheist und ein Theologe diskutiert.
Atheist und Christ

Der Mitbegründer der Initiative «Religionsfrei im Revier», der Biologe Christoph Lammers, forderte den Rückzug der Kirchen aus dem Religionsunterricht an öffentlichen Schulen und aus der diakonischen Arbeit.

Nach seinen Worten gehören soziale Dienste und Bildungsaufgaben «in die Hand des Staates». Religionen hätten immer Krieg, Gewalt und Missbrauch mit sich gebracht. In der Bibel gebe es etliche Stellen, die ein eher menschenfeindliches Bild von Jesus zeichneten als ein menschenfreundliches.

«Kein Schaden für die Gesellschaft»

Lammers weiter: «Wenn Religion verschwinden sollte, ist es nicht zum Schaden der Gesellschaft». Grundlage für das Zusammenleben könnten Wissenschaft, Philosophie und Kunst sein. Stärker zu fürchten als eine religionsfreie Gesellschaft seien etwa bibeltreue Fundamentalisten.

Die 2010 gegründete Initiative «Religionsfrei im Revier» spricht sich für eine Abschaffung der Kirchensteuer und gegen kirchlichen Religionsunterricht an staatlichen Schulen aus.

«Jesus wollte keine Gewalt»

Der Theologe Prof. Bernd Irlenborn widersprach Lammers: «Sie finden keine einzige Stelle, wo Jesus Christus jemanden auffordert, anderen Gewalt anzutun». Das Christentum habe stattdessen den friedensstiftenden Wert der Feindesliebe begründet.

Der Theologe weiter: «Die Religion bewahrt den Menschen vor der Vergötzung der Endlichkeit». Wenn der Mensch selbst einziger und letzter Gebieter sei, könnte dies zu Zuständen wie in Nordkorea führen. Das dortige kommunistische Regime hat nach Angaben von Menschenrechtlern mehr als 200‘000 Männer, Frauen und Kinder in Gefängnissen und Arbeitslagern eingesperrt. «Ich plädiere dafür, dass der Staat ein Interesse an religiösen und nicht-religiösen Überzeugungen hat», so Irlenborn. Allerdings sei auch der Unglaube rechenschaftspflichtig, denn sonst stehe er in der Gefahr, zu einer Ideologie zu werden.

Zu dem Streitgespräch hatten die Katholische Hochschulgemeinde und die Evangelische Studierendengemeinde Dortmund eingeladen.

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Bücher zum Thema:
Alexander Garth: Warum ich kein Atheist bin
Alister McGrath: Der Atheismus-Wahn
C.S. Lewis: Pardon, ich bin Christ

Datum: 23.01.2012
Quelle: idea.de

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