Entschiedenes Nein des Vatikan zur Homo-Ehe - Schweizer Homosexuellen-Organisationen empört

Homosexualität

Rom. Der Vatikan hat sich entschieden gegen die rechtliche Anerkennung homosexueller Partnerschaften und deren Gleichstellung mit der traditionellen Ehe gewandt. Ehe und Familie garantierten den Fortbestand der Generationen, sie seien daher von herausragendem öffentlichem Interesse und müssten vom Staat und vom Gesetzgeber institutionell anerkannt, gefördert und geschützt werden.

Es wäre ungerecht und der Staat träte in Widerspruch zu seinen Verpflichtungen, wenn er homosexuelle Partnerschaften gleichberechtigt neben andere Formen des Zusammenlebens stellte. Insbesondere appelliert der Vatikan an katholische Politiker, derartige Gesetzesinitiativen von Anfang an abzulehnen oder sich zumindest um eine Schadensbegrenzung zu bemühen.

"Die Ehe ist heilig, während die homosexuellen Beziehungen gegen das natürliche Sittengesetz verstossen", heisst es in dem vierzehnseitigen Text der vom deutschen Kardinal Joseph Ratzinger geleiteten Glaubens-Kongregation. Keine Ideologie könne "dem menschlichen Geist die Gewissheit nehmen, dass es eine Ehe nur zwischen zwei Personen verschiedenen Geschlechts gibt".

Der Respekt gegenüber homosexuellen Personen könne "in keiner Weise zu einer Billigung des homosexuellen Verhaltens oder zur Anerkennung der homosexuellen Lebensgemeinschaften führen". Denn diese erfüllten "auch nicht in einem weiteren analogen Sinn die Aufgaben, deretwegen Ehe und Familie eine eigene qualifizierte Anerkennung verdienen". Dagegen gebe es "gute Gründe zur Annahme", dass diese Lebensgemeinschaften "für die gesunde Entwicklung der menschlichen Gesellschaft schädlich" seien, schreibt der Vatikan in seinen "Erwägungen zu den Entwürfen einer rechtlichen Anerkennung der Lebensgemeinschaften zwischen homosexuellen Personen".

Dabei gehe es nicht um Achtung oder Diskriminierung homosexueller Personen. In jedem Fall müsse man diesen Männern und Frauen "mit Achtung, Mitleid und Takt" begegnen und dürfe sie nicht ungerecht zurückweisen. Aber es bestehe ein Unterschied zwischen homosexuellem Verhalten als privatem Phänomen und als einer im Gesetz vorgesehenen und gebilligten sozialen Beziehung, die zur Institution der Rechtsordnung erhoben werden soll.

Keine neue Lehraussagen

Anlass für das neue Papier seien rechtliche Initiativen in verschiedenen Staaten, homosexuellen Lebensgemeinschaften eine rechtliche Anerkennung und auch das Adoptionsrecht zu geben. Der Text enthalte keine neuen kirchlichen Lehraussagen, heisst es. Aber man wolle den Bischöfen "Argumente rationaler Natur" zur Abfassung eigener Stellungnahmen liefern und zugleich den katholischen Politikern Orientierungshilfen bieten.

Zunächst widersprächen solche Gesetzgebungen "der rechten Vernunft, weil sie der Lebensgemeinschaft zwischen zwei Personen desselben Geschlechts rechtliche Garantien verleihen, die jenen der ehelichen Institution analog sind". Dann fehlten den homosexuellen Lebensgemeinschaften die biologischen und anthropologischen Faktoren der Ehe und Familie.

Das Fehlen der geschlechtlichen Bipolarität behindere die normale Entwicklung der Kinder, weil ihnen die Erfahrung von Mutterschaft oder Vaterschaft fehle. In sozialer Hinsicht hätte eine rechtliche Anerkennung homosexueller Lebensgemeinschaften zur Folge, dass man die Ehe neu definieren müsse. "Wenn die Ehe zwischen zwei Personen verschiedenen Geschlechts in rechtlicher Hinsicht nur als eine mögliche Form der Ehe betrachtet würde, brächte dies eine radikale Veränderung des Begriffs der Ehe zum schweren Schaden für das Gemeinwohl mit sich".

Gesetzeslage in der Schweiz

Nur in den beiden Kantonen Genf und Zürich gibt es derzeit Gesetze über homosexuelle Partnerschaften, die als "Zivil-Pakte" bezeichnet werden. Auch der Kanton Bern sowie die Landesregierung befassen sich derzeit mit Initiativen, die homosexuellen Partnerschaften mehr Rechte bringen sollen. Nach dem vom Bundesrat vorgelegten Entwurf ist allerdings eine faktische Gleichstellung mit der Ehe nicht vorgesehen.

CVP will nicht " verlängerter Arm" der Kirche sein

Die CVP sei nicht der "verlängerte Arm" der katholischen Kirche, und der Vatikan könne bei seinem Nein zur rechtlichen Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften nicht mit Unterstützung durch die Christlichdemokratische Volkspartei rechnen, sagte der Zürcher CVP-Kantonalpräsident Urs Hani. - Der Vatikan wendet sich in seinem Dokument insbesondere auch an katholische Politiker

Georg Rimann, Sprecher des Generalvikariates des Bistums Chur in Zürich, wies darauf hin, dass man hinter der registrierten Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare stehe, wie sie im Kanton Zürich seit dem 1. Juli gilt, weil es dabei vorab um eine Abschaffung von Ungerechtigkeiten gehe. Es sei "ein himmelweiter Unterschied", so Rimann, "ob man die Schwulen-Ehe propagiert oder ob man bestehende Partnerschaften in irgendeiner gesetzlichen Form anerkennt, um Ungerechtigkeiten aus der Welt zu schaffen".

Schweizer Homosexuellen-Organisationen empört

"Mit Empörung" haben in der Schweiz die Homosexuellen-Organisationen die neue Vatikan-Erklärung aufgenommen, die sich gegen die rechtliche Anerkennung homosexueller Partnerschaften wendet. In "menschenverachtender Weise" würden darin Homosexuelle und deren Beziehungen zueinander "verunglimpft und beleidigt", heisst es in einer Pressemitteilung.

Die "ungeheure Behauptung", dass eine Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften dem Allgemeinwohl schade, wird von den Organisationen der Schwulen und Lesben entschieden zurückgewiesen. Die schweizerische Bundesverfassung halte ausdrücklich fest, dass niemand wegen seiner Lebensform diskriminiert werden dürfe. Es sei deshalb "nicht akzeptierbar", wenn Politiker und Gläubige nun durch den Vatikan aufgefordert würden, "die Verfassung zu missachten und Lesben und Schwule zu diskriminieren".

Datum: 05.08.2003
Quelle: Kipa

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