Abstimmung

Führt die Mutterschafts Versicherung zu mehr Geburten?

Die Argumentation der Gegner der Mutterschaftsversicherung, die am 26. September zur Abstimmung kommt, lässt aufhorchen: Die Gegner befürchten bei Annahme des Gesetzes dass „sich die Anzahl der Schwangeren erhöhen“ könnte.
Mutter und Kind
Fritz Imhof

Sorgen haben die Gegner der neuen und stark abgespeckten Mutterschaftsversicherung! Dass die Umsetzung des Gesetzes die Geburten erhöhen könnte, ist für sie ein Grund gegen die geplante Versicherung, welche für erwerbstätige Mütter eine Lohnausfallentschädigung von 80 Prozent während 14 Wochen vorsieht. Nachdem inzwischen wahrscheinlich bei den meisten Schweizern der Mangel an Geburten zur Sicherung unserer Zukunft und insbesondere der Sozialversicherungen als Problem bekannt ist, fürchten die Gegner eine mögliche Auswirkung der Versicherung, die eigentlich hochwillkommen sein müsste.

Argumentation auf wackeligen Beinen

Überhaupt scheint die Argumentation der Gegner auf wackeligen Beinen zu stehen. Nachdem der Gewerbeverbandsdirektor die neue Vorlage selbst gezimmert hat, die zum Beispiel nichterwerbstätige Mütter und Adoptivmütter ausschliesst, schiessen die SVP und ein Teil des Gewerbes dagegen. Man sei gegen staatliche Finanzierung, heisst es etwa beim Zürcher Gwerbeverband, man bevorzuge sozialpartnerschaftliche Lösungen – wie wenn das Gewerbe für eine solche flächendeckende und einigermassen gerechte Lösung nicht mehr als ein halbes Jahrhundert Zeit gehabt hätte. Das neue Gesetz sei auch missbrauchsanfällig, wird argumentiert. Ehefrauen könnten sich zum Beispiel im Betrieb ihres Mannes einstellen lassen, um in den Genuss der Versicherung zu kommen. Das müssten sie allerdings auch, um eine befriedigende AHV-Rente zu erhalten, wenn sie ohnehin im Betrieb mitarbeiten.

Entlastung des Gewerbes

In Tat und Wahrheit entlastet die neue Versicherung die Betriebe, insbesondere wenn sie viele Frauen im gebärfähigen Alter angestellt haben. Die Kosten von jährlich rund 480 Millionen Franken wird die Erwerbsersatzordnung (EO) decken, die mit Lohnprozenten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern finanziert wird. Sie ersetzt bekanntlich eine grosszügigere, vom Volk nach dem Referendum des Gewerbeverbandes abgelehnte Vorlage. Der Direktor des Gewerbeverbandes, Pierre Triponez, hat sich denn auch von den Gegnern distanziert. Es handle sich bei diesen um „Einzelpersonen“ und Wirtschaftsverbände, die „nur zum Teil dem Gewerbe zugerechnet werden können“.

Dass die EO bei einer ständig kleiner werdenden Armee statt nur dienstpflichtigen Männern auch Frauen zugute kommen soll, die sich letztlich auch in den Dienst dieser Gesellschaft stellen, wenn sie Kinder gebären und erziehen, macht Sinn. Weshalb sollte gerade dieser Dienst nicht entschädigt werden?

Hinter der neuen Gegnerschaft scheinen eher ideologische Gründe zu stehen. Kreise innerhalb der SVP und des Gewerbes sind grundsätzlich gegen jeden Ausbau staatlicher Leistungen im Sozialbereich. Sie müssen konsequenterweise jede Vorlage bekämpfen, die in diesem Bereich Verbesserungen bringt. Etwas eleganter heisst es dann: „Angesichts der finanziellen Not der Sozialwerke ist ein Ausbau der Leistungen völlig verantwortungslos“.

Der Schönheitsfehler

Argumente gegen die Vorlage könnte im Gegenteil allenfalls die Tatsache liefern, dass sie nur Frauen berücksichtigt, die im Erwerbsleben stehen und jene diskriminiert, die sich ganz der Erziehung der Kinder widmen. Sie verstösst damit gegen die zu Recht erhobene Forderung, dass die Frauen eine Wahlfreiheit zwischen Erwerbsarbeit und Erziehungsarbeit haben sollten.

Nun aber gilt es, mit dem Spatz in der Hand vorlieb zu nehmen, statt nach der Taube auf dem Dach zu streben, die ohnehin schon abgeschossen ist

Datum: 10.08.2004
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet.ch

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