Wunsch eines Theologen

Wenn die Atheisten nur kritischer wären

Gegen Kritik an Religion und Christentum ist an sich nichts einzuwenden. Nur sollte sie seriös daherkommen. So lässt sich die Studie von Heinzpeter Hempelmann zum «neuen Atheismus» zusammenfassen.
Der neue Atheismus und was Christen von ihm lernen können von Heinzpeter Hempelmann.
Heinzpeter Hempelmann.

Hempelmann stimmt den Bestsellerautoren wie Richard Dawkins, Christopher Hitchens und Sam Harris in weiten Teilen zu. In ihren Büchern «Der Gotteswahn», «Der Herr ist kein Hirte» oder «Das Ende des Glaubens» prangern sie zu Recht an, dass Religion immer wieder als Machtinstrument missbraucht wurde. Beispiele sind der Dreissigjährige Krieg (1618-1648) und Fälle von sexuellem Missbrauch durch kirchliche Amtsträger in der jüngsten Vergangenheit.

Von solchen Auswüchsen müsse man sich durchaus distanzieren, meint Hempelmann, Theologischer Referent der EKD für Mission. Darin stimme die christliche Botschaft mit den «neuen Atheisten» überein. Das Neue Testament selbst fordere ja dazu auf, «alles zu prüfen».

Zudem freue es ihn, dass in einer Zeit des Relativismus überhaupt wieder um die Wahrheit gestritten werde. Üblicherweise würden ja nur «verschiedene Wahrheiten» nebeneinander stehengelassen. Hier aber wollten Menschen endlich wieder zwischen falsch und richtig unterscheiden.

Götzen von innen

An einer entscheidenden Stelle widerspricht er jedoch den atheistischen Geistern: Machtmissbrauch und Selbstherrlichkeit könnten nicht durch eine atheistische Weltsicht überwunden werden; das hätten die entsprechenden Systeme des 20. Jahrhunderts deutlich gezeigt.

Das Problem liege tiefer, nämlich im menschlichen Herzen selber, jener «Götzenfabrik», wie es Johannes Calvin nannte. Es erzeuge Machtmenschen, die sich nach aussen nur religiös verhielten. Die menschliche Tendenz zur Selbstverherrlichung einzudämmen, dazu sei laut Hempelmann am ehesten die christliche Botschaft in der Lage.

Wissenschaftlicher Reduktionismus

Richtiggehend erzürnt zeigt sich Hempelmann angesichts der Wissenschaftsgläubigkeit der «neuen Atheisten». Die Giordano-Bruno-Stiftung beispielsweise stelle Religion als hinterwäldlerisch, dumm und fortschrittsfeindlich dar. Gegenteilige Wirkungen von Religion, dass sie die Bildung fördere und emanzipatorisch wirke, würden übersehen, und damit diskreditiere sich die atheistische Bewegung selber.

Die Naturwissenschaft reduziere die Wirklichkeit bewusst auf das Einfache, das Mess- und Zählbare, und blende damit alles darüber Hinausgehende von vornherein aus. Wer also sein Weltbild allein von naturwissenschaftlichen Ergebnissen bestimmen lassen will, der gehe methodisch unsauber vor.

Diese Art von Religionskritik sei viel zu dünn und bringe das Gespräch nicht weiter. «Schlechte Christentumskritik ist schlecht für das Christentum», resümiert Hempelmann.

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Heinzpeter Hempelmann: «Der neue Atheismus und was Christen von ihm lernen können»
 

Datum: 02.12.2010
Quelle: epd, Bearbeitung: Livenet.ch

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