Wirbel um die Islam-Äusserungen eines Pfarrers

kanzel

Eschborn. Auf scharfe Kritik in den Medien ist eine Predigt von Pfarrer Kai Scheunemann von der Evangelischen Andreasgemeinde Niederhöchstadt gestossen. Die Gemeinde ist überregional bekannt durch ihre monatlichen “GoSpecial”-Gottesdienste, zu denen bis zu 800 Besucher kommen.

In einem solchen Gottesdienst am 8. September unter dem Titel “Im Halbmondschein” rief der Pfarrer dazu auf, Vorurteile gegenüber dem Islam abzubauen und “demütig” dazu zu stehen, dass auch Christen an Moslems schuldig geworden seien. “Die Erinnerungen an die Kreuzzüge sind noch verwurzelt und die Demütigung durch den Kolonialismus sitzt tief”, so der Theologe.

Er widersprach ferner der Ansicht, dass das Kopftuch-Tragen muslimischer Frauen ein Zeichen ihrer Unterdrückung sei. Von einer Muslima wisse er, “dass das Kopftuch heute gerade als Zeichen der Befreiung wieder ganz selbstbewusst von Frauen getragen wird”. Diese Praxis befreie davon, “als Lustobjekt gesehen zu werden”, und vom Diktat westlicher Modeströmungen. “Wenn ich in den Kleiderschrank meiner Frau sehe, ahne ich, was sie meinen”, so Scheunemann.

Im Blick auf die Vielweiberei sagte er, es seien im islamischen Kulturkreis oft soziale Gründe, “warum Männer mehrere Frauen haben – so sind die Frauen wenigstens wirtschaftlich versorgt”. Der Theologe rief ferner dazu auf, zwischen den verschiedenen Formen des Jihad, des Heiligen Krieges, zu unterscheiden. Nur im Falle eines Verteidigungskrieges werde den Märtyrern im Koran versprochen, dass ihre Seele sofort in den Himmel komme. Das bedeute, dass die Mörder des 11. September nicht als islamische Jihad-Kämpfer gelten könnten “und schon gar nicht als Märtyrer”.

Affront gegen alle vom Islam Unterdrückten

In Presseberichten wurde dem Pfarrer daraufhin vorgeworfen, den Kopftuchzwang und die Vielweiberei zu rechtfertigen. Die Korrespondentin Doris Wiese-Gutheil kritisierte, dass Scheunemann undifferenziert für den Islam eingetreten sei. Es habe sich um eine “Friede-Freude-Allah-Predigt” gehandelt. Robert Maus schrieb in einem Kommentar des “Wiesbadener Kurier”, die Predigt sei “ein Affront gegen alle Menschen, die durch den Islam und seine fundamentalistischen Strömungen unterdrückt werden, gegen alle Opfer des Terrors im Namen Allahs”. Die Menschen der westlichen Welt hätten die Errungenschaften der Meinungsfreiheit, Humanität, Liberalität und Demokratie in der Vergangenheit zu teuer erkauft, “als dass sie nun auf dem Altar gedankenloser Anbiederei geopfert werden dürfen”. Wenn Scheunemann als Moslem in Teheran den gleichen Stab für Christen gebrochen hätte, “wäre ihm eine mehrjährige Gefängnisstrafe sicher gewesen”, so der Journalist.

Von Minderheit nicht auf alle Moslems schliessen

Scheunemann sieht sich in den Presseberichten einseitig und verfälscht wiedergegeben. Ihm sei es nicht darum gegangen, den Islam zu verharmlosen. “Ich wollte vor allem deutlich machen, dass man von einem Prozent Islamisten nicht auf 99 Prozent gemässigte Moslems schliessen darf”. Damit sich jeder selbst ein Bild über den Inhalt der Predigt machen könne, sei der Text im Internet unter www.gospecial.de nachzulesen. Darin sind auch kritische Anfragen an den Islam enthalten. So fragt der Pfarrer: “Woran liegt es, dass es in islamischen Staaten faktisch keine Religionsfreiheit gibt, auch wenn der Koran sagt: ‚Es gibt keinen Zwang in der Religion‘?”

Datum: 13.09.2002
Quelle: idea Deutschland

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