Schweizer Muslime überzeugen durch konsequent religiöses Verhalten im Alltag

Edlibach ZG - Die Vereinigung der katholischen Ordensobern der Schweiz hat sich an ihrer Jahrestagung mit dem Missionsverständnis des Islam befasst. Der aus Ägypten stammende Zürcher Muslim Abo Youssef Hassan, von Beruf Betriebsökonom und Jurist, hielt einen Vortrag. Darin setzte er anstelle des Begriffs der muslimischen "Mission" den Ausdruck "Da'waa"; er bedeutet: vorbildlich den Islam im Alltag praktizieren. Adressaten der Da'waa seien selbst islamische Gelehrte und Fromme, sagte Abo Youssef Hassan. Ob Andersgläubige sich wegen des Vorbilds der Muslime dem Islam anschlössen, sei Sache Allahs. Der zweite muslimische Referent, der Zürcher Imam Scheich Ibram Youssef, fügte hinzu, es gehe seiner Religion nicht um möglichst viele Anhänger. Die Qualität und nicht die Quantität würden zählen. Darum missioniere der Islam in der Schweiz nicht und verzichte beispielsweise darauf, auf der Strasse Flugblätter zu verteilen.

Diese Ausführungen trafen teilweise auf Widerstand. Ein Ordensoberer warf den Gästen vor, ihre Auffassungen stünden in starkem Gegensatz zum "real-existierenden Islam". Im Verlaufe der Diskussion sagten die Referenten, man müsse sich bewusst sein, was man bei den beiden Religionen miteinander vergleiche: die Lehre mit der Lehre? Oder die Praxis mit der Praxis? "Wenn ich Christen sehe, die ihr Christentum nicht leben, darf ich dies nicht als Beweis für die Unzulänglichkeit der Lehre Jesu betrachten,", betonte Abo Youssef. Das praktische Verhalten der Gläubigen könne unzulänglich sein, ohne dass dies der Religion als solcher als Fehler angerechnet werden dürfe: "Jede Tat, die im Kontrast zur islamischen Lehre steht, verurteile ich, auch wenn sie in Saudi-Arabien begangen wird." Dass christliche Minderheiten unterdrückt würden, sei eine solche Tat, sagte Abo Youssef.

Manche Zuhörer hatten Mühe mit "vormodernen" Seiten des Islam. Dazu bemerkte der Jesuit Christian Rutishauser, die westliche Kultur habe vor der Aufklärung ähnlich ausgesehen wie der heutige Islam. In vielem habe erst das Zweite Vatikanische Konzil eine Reform gebracht.

Weiter meinte Rutishauser, es gehe wohl nicht in erster Linie um Religion, sondern um "zwei unterschiedliche Kulturen, in denen die Religionen eine grosse Rolle spielen". Im Übrigen gäbe es zwischen den Ländern, in denen der Islam gelebt werde, ähnliche Unterschiede wie im christlichen Raum zwischen Spanien und Hamburg.

Der Weisse Vater Raphael Deillon, der 20 Jahre in der algerischen Sahara gelebt hatte, berichtete über seine Begegnung mit Muslimen. Er unterstrich einleitend: "Die echten Muslime sind die ersten, die sich über die Wende beklagen, welche die Ereignisse im letzten September genommen haben. Sie sind keineswegs damit einverstanden, dass Massaker und Attentate im Namen des Islam begangen werden." Deillon gab den dringenden Rat, "nie untereinander über die Religionen zu streiten". Die gegenseitige Hilfe und die Sorge um die andern sei der glaubwürdigste Ort der Begegnung zwischen den Gläubigen verschiedener Religion.

Datum: 28.06.2002
Quelle: Kipa

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