Globalisierung polarisiert Berner Kirche

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Bern - Der Maulkorb, den die Berner reformierte Kirchenleitung ihrer Fachstelle für Oekumene, Mission und Entwicklung (OeME) im Winter in Globalisierungsfragen umgehängt hat, gibt weiter zu reden. Der Synodalrat hatte im Winter den OeME-Fachleuten die aktive Teilnahme an einer Veranstaltung untersagt, an der das Weltwirtschaftsforum (WEF) kritisiert wurde. Grund: Ein OeME-Mitarbeiter hatte den Dialog mit dem WEF als sinnlos bezeichnet. Darauf machte die Kirchenleitung, die bei der OeME-Fachstelle auch die fehlende Distanzierung von gewalttätigen Demonstranten vermisste, mit dem Maulkorb klar, dass sie die kirchliche Linie in Globalisierungsfragen festlegen will. Dies provozierte allerdings bei Globalisierungskritikern Kirchenaustritte - und letzte Woche nun ein kontroverses Podiumsgespräch über 'Kirche und Globalisierung', in der die Machtfrage auf den Tisch kam.

Eine Drittwelt-Laden-Vertreterin betonte laut der Berner Zeitung, die reformierte Kirche dürfe nicht wie ein Betrieb geführt werden. Vielmehr seien in ihr "alle ermächtigt, zwischen Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit zu unterscheiden". Mehrere Votanten kritisierten die "Hierarchisierung" und die "neoliberalen Strukturen" der Kirche. Der Berner Pfarrer Jacob Schädelin wandte sich gegen das Verbot des Synodalrats, der so "das WEF faktisch legitimiert" habe, und fand es "ein grosses Unglück", wenn der Synodalrat hier das Sagen haben wolle.

Im Podium ging es dann auch um die Frage der Gewalt. Sandra Ryf von der Anti-WTO-Koordination gab zu, dass zerbrochene Fensterscheiben den militanten Globalisierungsgegnern zu mehr Einfluss verhelfen. Elisabeth Bäumlin, Mitglied des Synodalrats, erklärte darauf, zwar hege sie Sympathien für die WEF-Gegner. Aber der Synodalrat habe auf der Website der Anti-WTO-Koordination "israelfeindliche, um nicht zu sagen antisemitische Links" gefunden - und mit diesen Kräften wolle die Kirche nichts zu tun haben.

Quelle: BZ, Livenet

Datum: 02.07.2002

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