Nach äthiopischem Recht hätten die Leiter der Pfingstgemeinde, Kiros Meles (46) und Abebayeh Desalegn (35) nur inhaftiert bleiben dürfen, wenn die Staats anwaltschaft ausreichende Beweise für eine ordentliche Mordanklage vorlegen konnte. Anderenfalls hätte der Richter die beiden freilassen müssen, da die vom Gesetz festgelegte Gewahrsamsfrist ohne Anklageerhebung längst verstrichen war. Stattdessen wurde die Vorverhandlung nach bereits 13 verlegten Gerichtsterminen, vier davon im Januar, um zwei weitere Wochen verschoben. Damit wiederholte sich die Verzögerungstaktik beim Langzeitgewahrsam der beiden protestantischen Christen. Meles und Desalegn waren verhaftet worden, nachdem ein Mob von Extremisten aus der Orthodoxen Kirche im vergangenen April einen gegen die fünf evange likalen Gemeinden Maychews gerichteten zweitägigen Aufruhr verursachten. Am letzten Tag der Tumulte war ein junger Orthodoxer erschossen worden. Die tödliche Kugel stammte aus der Waffe des Chefs der Ortspolizei von Maychew. Dennoch erklärte die Ermittlungsbehörde die beiden Christen als der Tötung des jungen Mannes verdächtig. Ein Polizist, der dienstfrei hatte und den man beschuldigte, den Abzug betätigt zu haben, wurde ebenfalls inhaftiert.
Datum: 06.03.2003
Quelle: Offene Grenzen