Religionsgipfel in der Münchner Staatskanzlei

Religiöse Anschauungen und Werte sollen besser geschützt werden. Wie das geschehen kann, darüber sprach Anfang dieser Woche der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber mit Vertretern aus Christentum, Judentum und Islam.
München
Edmund Stoiber

An dem "Religionsgipfel" in München nahmen auch Rechts- und Medienexperten teil. Am vergangenem Dienstag war eine Pressekonferenz, bei der Stoiber sagte, die Gesellschaft brauche "einen Grundkonsens darüber, dass nicht alles mit Füssen getreten werden darf, was anderen heilig ist".

Ein aktuelles Thema

Der Streit um die Mohammed-Karikaturen Anfang Jahr hatte das Thema aktuell werden lassen; die Auseinandersetzungen um die sogenannte Satire "Popetown", des Musiksenders MTV hatte es unlängst verschärft. Man einigte sich bei dem Gespräch in München darauf, dass eine Arbeitsgruppe die "konkrete Ausgestaltung" des bestehenden Strafgesetz-Paragraphen 166 vorbereiten und bis Ende Jahr ihre Ergebnisse präsentieren soll.

Störung des "öffentlichen Friedens"

Im Paragraphen 166 wird bereits jetzt die Verunglimpfung des Glauben und der Religion anderer unter Strafe gestellt, doch ist unter Experten umstritten, ab wann damit "der öffentliche Friede gestört" ist, wie es in dieser Bestimmung heisst. Die Arbeitsgruppe wirkt auf eine geänderte Formulierung hin. "Wir werden dabei prüfen, ob diese Gesetzesänderung den Mehrheitswillen hat und auch von Kirchen, Glaubensgemeinschaften und Medien unterstützt wird", sagte Stoiber.

Eckpfeiler Toleranz und Respekt

Der inhaltliche Rahmen der Münchner Diskussion lässt sich aus Voten der Gesprächsteilnehmer an jener Pressekonferenz ablesen. So will der evangelische Landesbischof Johannes Friedrich etwa "keinesfalls die Freiheit der Kunst einschränken und etwa Satire oder Karikatur verbieten" und auch nicht zum früheren sogenannten Gotteslästerungsparagraphen zurückkehren. Vielmehr gelte es, weitere Möglichkeiten auszuloten und beispielsweise in Schulen Werte wie Toleranz und Respekt zu vermitteln.

Der Münchner Erzbischof Friedrich Wetter verlangte ein "Umdenken in der Gesellschaft", damit der Glaube wieder angemessen respektiert werde. Es sei "nicht hinnehmbar, wenn religiöse Gefühle einfach beschimpft und verletzt werden", meinte er.

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Bildungsziel "Ehrfurcht vor Gott"

Die Verfassung des Landes Bayern erwähnt explizit, dass "jede Verächtlichmachung der Religion ... verboten und strafbar" sei (Artikel 144) und nennt als erste "oberste Bildungsziele" der Schulen die "Ehrfurcht vor Gott" und die "Achtung vor religiöser Überzeugung" (Artikel 131).

§ 166 des Deutschen Strafgesetzbuches

Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen

(1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) eine im Inland bestehende Kirche oder andere Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung, ihre Einrichtungen oder Gebräuche in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. ?

Auszüge aus der Bayrischen Verfassung

Artikel 131 Ziele der Bildung
(2) Oberste Bildungsziele sind Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor religiöser Überzeugung und vor der Würde des Menschen, Selbstbeherrschung, Verantwortungsgefühl und Verantwortungsfreudigkeit, Hilfsbereitschaft und Aufgeschlossenheit für alles Wahre, Gute und Schöne und Verantwortungsbewusstsein für Natur und Umwelt.

Artikel 136 Achtung religiöser Empfindungen; Gewährleistung des Religionsunterrichts
(1) An allen Schulen sind beim Unterricht die religiösen Empfindungen aller zu achten.

Artikel 137 Freie Teilnahme am Religionsunterricht
(2) Für Schüler, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, ist ein Unterricht über die allgemein anerkannten Grundsätze der Sittlichkeit einzurichten.

Artikel 144 Schutz der Geistlichen und Religionen; Gewährleistung des Beichtgeheimnisses
(2) Jede öffentliche Verächtlichmachung der Religion, ihrer Einrichtungen, der Geistlichen und Ordensleute in ihrer Eigenschaft als Religionsdiener ist verboten und strafbar.

Datum: 10.06.2006

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