Glaubwürdiger Christ – bibelfester Politiker: Deutsche Kirchen würdigen Johannes Rau

Johannes Rau
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Die Kirchen in Deutschland trauern um Johannes Rau. Evangelische und katholische Bischöfe reagierten am Freitag mit großer Anteilnahme auf den Tod des Altbundespräsidenten.

Über Jahrzehnte war der als bibelfest bekannte Rau in der evangelischen Kirche engagiert. Fast 35 Jahre lang gehörte er der rheinischen Landessynode und als stellvertretendes Mitglied der Kirchenleitung an. Von 1966 bis 1974 saß Rau, der auch «Bruder Johannes» genannt wurde, im Präsidium des evangelischen Kirchentages.

Der Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) würdigte Rau als glaubwürdigen Christen und Vorbild für Mitmenschlichkeit. «Unser Bruder Johannes Rau hat gelebt, wovon er stets gesprochen hat: die Menschen zu lieben», sagte der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber. Als evangelischer Christ habe Rau ein Leben lang in außerordentlicher Weise öffentliche Verantwortung wahrgenommen.

Herausragende Stimme für die Evangelischen

Das Zeugnis seines Glaubens habe viele Menschen in der evangelischen Kirche wie auch weit darüber hinaus ermutigt, ihren Glauben zu leben, fügte der Berliner Bischof hinzu. Die evangelische Kirche verliere mit ihm eine herausragende Stimme, die sowohl innerhalb seiner Landeskirche, der EKD und der Ökumene als auch in Politik und Gesellschaft gehört worden sei.

Raus rheinische Heimatkirche hob seinen Einsatz für eine Aussöhnung mit dem jüdischen Volk hervor. «Die Aussöhnung mit Israel war seine Herzenssache», heißt es in einem Nachruf der Kirchenleitung. Er habe sich wie kaum ein anderer über Jahrzehnte hinweg für die Versöhnung von Christen und Juden eingesetzt. Rau hatte im Jahr 2000 als erster deutscher Politiker auf Deutsch vor der Knesset gesprochen und um Vergebung für den Holocaust gebeten.

Bibelfest und engagiert

Raus politisches und gesellschaftliches Wirken sei stets von der Sorge um das Wohl der Menschen geprägt gewesen, heißt es in dem Kondolenzschreiben des Vorsitzenden der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann. Rau habe sich stets klar zum christlichen Glauben bekannt und sich entschieden für die Förderung christlicher Werte eingesetzt.

Er habe Rau als einen «tief ökumenisch eingestellten evangelischen Christen» kennen gelernt, dem nicht nur der Dialog zwischen den Konfessionen, sondern auch mit anderen Religionen und Kulturen am Herzen gelegen habe, schreibt der Mainzer Kardinal.

«Wir haben einen großen Protestanten und ein Urgestein des Deutschen Evangelischen Kirchentags verloren», sagte die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann dem epd. Rau sei das positive Sinnbild eines evangelischen Laien gewesen: «Er war absolut bibelfest und hat sich dabei immer sehr klar für unsere Gesellschaft engagiert.»

Klare Worte zu Sinn und Grenzen des Lebens

Der bayerische Landesbischof Johannes Friedrich erklärte, dem Protestanten Rau sei die Sache der Kirche stets wichtig gewesen. Beispielhaft nannte er Raus Äußerungen zur Förderung der Palliativmedizin und zur Hospizbewegung, zu ethischen Fragen und zur Ökumene. Der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Peter Steinacker, würdigte Rau als eindrucksvolle evangelische Persönlichkeit der deutschen Politik. «Rau stand für eine klare und weltoffene Frömmigkeit, die sachlichen Ernst und Lebensfreude verband.»

Brückenbauer

Kirchentagspräsident Reinhard Höppner nannte den Verstorbenen einen «Brückenbauer zwischen Ost und West». In den Jahren der deutschen Teilung habe Rau die Verbundenheit innerhalb der Kirchentagsbewegung, die in Bundesrepublik und DDR eigene Wege gehen musste, stets besonders am Herzen gelegen. Der Thüringer Landesbischof Christoph Kähler würdigte Rau als bekennenden Christen, der auch in der Politik «stets als Christ erkennbar» geblieben sei.

Datum: 28.01.2006
Quelle: Epd

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