Toleranz und gewisser Glaube
Toleranz war das Hauptthema der fünftägigen Synode der EKD. Die Debatte brachte laut der Zeitung „Die Welt“ den „Wunsch nach dem Abschied von einem alles tolerierenden Freundschaftskonsens zwischen den Religionen“ zum Ausdruck.
Der EKD-Ratsvorsitzende Bischof Wolfgang Huber hatte die Tonart vorgegeben. Toleranz könne nicht mehr bedeuten, die Frage nach dem, was wahr ist, aus dem Dialog auszuklammern (wie es gemäss Lessings Ringparabel gefordert und getan wird). "Gerade im Gespräch mit Menschen aus anderen Religionen und Kulturen muss das je eigene Profil deutlich herausgestellt werden."
Nicht schweigen zu menschenverachtenden Bräuchen in anderen Kulturen
Eine Kirche, die sich nur trendorientiert verhielte, wäre "ein schwankendes Blatt im Wind". "Wo wir fest glauben, werden wir wahrhaft tolerant sein", sagte Ratsmitglied und CDU-Bundestagsabgeordneter Hermann Gröhe. Er warnte davor, zur Beschneidung und Zwangsverheiratung von muslimischen Mädchen sowie zu "Ehrenmorden" in Deutschland zu schweigen und dieses Verhalten mit einem Respekt vor anderen Kulturen zu bemänteln. Wenn darüber geschwiegen werde, handele es sich um eine "schändliche Respektlosigkeit gegenüber den Opfern menschenfeindlicher Traditionen".
Versöhntes Zusammenleben – klares christliches Zeugnis
In ihrer Resolution «Tolerant aus Glauben» erklärte die Synode: «Als Kirche wollen wir eine verlässliche Anwältin sein für ein Leben aller Menschen in Würde und ein Ort des Widerstands gegen jede Form von Intoleranz.» Die EKD will den Dialog führen; sie strebt «ein versöhntes Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Kulturen, Weltanschauungen und Religionen an». Die EKD-Synode beruft sich auf die Toleranz des dreieinigen Gottes, der alle Menschen geschaffen habe, sie liebe und zum Glauben an ihn rufe. Gleichzeitig verurteile Gott in seiner Gerechtigkeit die Verletzung der Menschenwürde und den Missbrauch von Freiheit.
Evangelische Christen sollen in der pluralistischen Gesellschaft ihren Glauben offen bekennen und für ihn werben: «Glaubensgewissheit und Toleranz gehören für uns zusammen.» Die einstimmig angenommene "Kundgebung" stellt religiösen Extremismus in eine Reihe mit politischem Extremismus, Antisemitismus und Rassismus.
Nein zur Sterbehilfe – und zur Abtreibung?
Bischof Huber bekräftigte vor dem Kirchenparlament sein Nein zur aktiven Sterbehilfe. Die württembergische Synodalin Christel Hausding wünschte, dass auch mit aller Entschiedenheit gegen Abtreibungen aufgetreten werde. Hubers Aussage, dass man den Tod nicht herbeiführen dürfe, müsse auch für den Anfang des Lebens gelten.
Lutheraner und Unierte enger verbunden
In einem Beschluss, der als historisch gelten kann, machte die EKD-Synode den Weg frei zu einer kirchlichen Strukturreform. Einstimmig billigten die 120 Vertreter der 23 EKD-Landeskirchen (25,8 Millionen Protestanten) Verträge, die eine engere Zusammenarbeit mit den Konfessionsbünden der unierten und lutherischen Kirchen vorsehen. Aktivitäten sollen gebündelt und die Stimme der evangelischen Kirche in der Öffentlichkeit gestärkt werden. Künftig soll es nur noch ein Kirchenamt der EKD geben mit «Amtsstellen» der Lutheraner und Unierten.
Weniger Geld
Zudem verabschiedete die Synode den EKD-Haushalt für das kommende Jahr mit einem Volumen von rund 176 Millionen Euro. Bis 2009 die Zuschüsse für kirchliche Einrichtungen um elf Millionen Euro gekürzt werden.
Die Kundgebung der EKD-Synode
www.ekd.de/synode2005/beschluesse_kundgebung.html
Berichte zur Synode auf der EKD-Webseite
www.ekd.de
Quelle: EKD, idea
Datum: 12.11.2005