Abkommen über Geburtskirche in Bethlehem droht zu scheitern

Bethlehem. Das bereits unterzeichnete Abkommen über ein Ende des Nervenkriegs um die Geburtskirche in Bethlehem droht zu scheitern: Die israelischen Streitkräfte erklärten gestern, es habe sich noch kein Land gefunden, das zur Aufnahme von 13 der eingeschlossenen Palästinenser bereit sei. Israel und die Palästinenser vereinbarten zuvor, dass die Männer ins Exil gehen und 26 weitere in den Gazastreifen gebracht werden.

«Das Abkommen besagt, dass sie in ein anderes Land gehen», sagte der israelische Militärsprecher Jacob Dallal. «Aber im Moment haben wir kein Land.» Zunächst hatten beide Seiten Italien als mögliches Ziel angegeben. Die italienische Regierung erklärte aber, sie sei über das Abkommen nicht informiert worden. Sein Land sei bereit, alles zu tun, um den Friedensprozess wiederzubeleben, sagte Verteidigungsminister Antonio Martino. Italien werde allerdings keine einseitigen Initiativen akzeptieren, die dem Land aufgezwungen würden.

Ein Sprecher der EU in Israel, Javier Sancho, sagte, es habe am Dienstag Kontakte zu Italien gegeben. Vor der Geburtskirche bereiteten sich die israelischen Streitkräfte auf ein Ende der Belagerung vor. Soldaten errichteten in der Nähe des Haupteingangs einen Sichtschutz, offenbar um die Palästinenser den Blicken der Journalisten auf dem Krippenplatz zu entziehen. Der israelische Verteidigungsminister Benjamin Ben Elieser sagte, er erwarte den Rückzug der israelischen Truppen aus allen palästinensischen Gebieten bis Mittwochvormittag. Auf dem Krippenplatz versammelten sich Angehörige der Eingeschlossenen, um sich von ihnen vor dem Abflug ins Exil zu verabschieden.

Um die Vermittlung bemühten sich Vertreter der USA, der EU und des Vatikans. Einer der in der Geburtskirche eingeschlossenen Palästinenser sagte, er und zwölf weitere Männer hätten sich bereit erklärt, das Land zu verlassen. «Wenn nichts schief geht, rechne ich damit, mit meinen Kollegen noch heute Nachmittag nach Italien deportiert zu werden», sagte Abdullah Daud, der Chef des palästinensischen Geheimdienstes in Bethlehem.

Aus der Kirche verlautete, die Palästinenser könnten erst nach der Gründung eines palästinensischen Staats aus dem Exil zurückkehren. Die radikale Hamas-Bewegung forderte ihre Mitglieder in der Geburtskirche auf, nicht ins Exil zu gehen. Wer seiner Deportation zustimme, habe nicht die Unterstützung der Organisation, sagte der geistliche Führer der Hamas, Scheich Ahmed Jassin, nach Angaben des Hamas-Aktivisten Asis Abajat.

Die israelische Armee belagert die Geburtskirche seit Anfang April. Israel hatte in den letzten Tagen die Forderung fallen gelassen, alle mutmasslichen Extremisten in Gewahrsam nehmen zu wollen.

Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon wollte sich am Dienstagabend in Washington mit US-Präsident George W. Bush treffen. Es wurde erwartet, dass die zukünftige Rolle des palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat bei den Friedensverhandlungen bei den Gesprächen eine Rolle spielen würde.

Israelische Truppen stiessen am Dienstag in die Stadt Tulkarem im Westjordanland vor, um nach eigenen Angaben mutmassliche Selbstmordattentäter festzunehmen. Es handele sich um einen «Angriff auf die terroristische Infrastruktur», der nur eine kurze Zeit dauern werde.

Datum: 08.05.2002
Quelle: Zenit

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