Das Gute im Geschäft

Wie Unternehmen Ethik treiben

Ob Korruption, Datenskandal, Massenentlassungen oder Umweltverschmutzung - «unethisches» Verhalten von Unternehmen sorgt für Schlagzeilen. Spätestens seit der Finanzmarktkrise fragen viele Menschen: Spielt Ethik überhaupt eine Rolle im Unternehmensalltag? Oder unterliegt dort alles letztlich nur dem Ziel ökonomischer Gewinnmaximierung?
Spielen Moral und Ethik überhaupt eine Rolle im Unternehmensalltag?
Veronika Drews

Das Sozialwissenschaftliche Institut (SI) der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) stellte kürzlich die Ergebnisse einer Studie über ethische Diskurse in Unternehmen vor. «Ethik braucht das Erlebnis einer Wertegemeinschaft, damit sie dauerhaft im Unternehmensalltag wirksam werden kann», so das Fazit von SI-Referentin Veronika Drews. Für die Studie führten Soziologin Veronika Drews und die Politikwissenschaftlerin Tabea Spiess Gruppendiskussionen mit 60 Führungskräften aus fünf grossen Unternehmen.

Rückhalt ausschlaggebend

Dabei zeigte sich: Der erlebte Rückhalt im Unternehmen ist zentral für die Frage, ob und wie Ethik im Unternehmensalltag gelebt wird. Die Tradition und Kultur eines Unternehmens spielen hierbei eine wichtige Rolle. Öfter jedoch bildeten sich Wertegemeinschaften im Kleinen, während es im Alltag des Gesamtunternehmens vor allem um die Aushandlung von Interessen gehe.

«Die Umsetzung von Ethik ist ein politischer Prozess, in dem es häufig relativ kleine Gruppen sind, die ihre Wertvorstellungen als für das Gesamtunternehmen wichtig verkaufen», so Drews. In solchen Keimzellen gelebter Unternehmensethik würden ethische Probleme reflektiert und anschließend übersetzt in Gewinn, finanzielles Risiko oder möglichen Imageverlust. «Strategische Ökonomisierung» nennt Soziologin Drews dies.

Explizite Ethik, die in Form von Unternehmenswerten, Traditionen und Geschichten vorliegt, ist laut der Untersuchung zentral für die Identifikation mit dem Unternehmen. Zudem helfe sie Mitarbeitenden und Führungskräften dabei, ihren individuellen Alltag zu meistern und zugleich als Unternehmen langfristig erfolgreich zu wirtschaften. Auch der Konstanzer Ökonom Prof. Josef Wieland ist überzeugt, dass „nachhaltig erfolgreiche Unternehmensführung in einer globalen Welt ohne Ethik im Geschäft nicht zu haben ist.

Wertvorstellungen aktuell umsetzen

Bedenklich findet Drews, dass in Unternehmen häufig keine großen Worte um das Thema Ethik gemacht werden. In Problemsituationen würden zumeist stillschweigend geteilte Wertvorstellungen die Handlungen leiten. Entscheidend für gelebte Unternehmensethik sei, dass in ethischen Fragen auf gemeinschaftliches Erfahrungswissen und Routinen zurückgegriffen werden könne, so Drews. Gerade in Krisenzeiten jedoch müssten solche Wertvorstellungen immer wieder in Erinnerung gerufen und auch hinsichtlich ihrer Umsetzungsmöglichkeiten aktualisiert werden. «Die Gruppendiskussionen zeigen uns, dass sonst der Mut, die eigenen Werte auch zu leben, rapide sinkt», berichtet Drews.

Führungskräfte müssen vorangehen

«Führungskräfte haben Signalfunktion für gelebte Unternehmensethik», betont Projektmitarbeiterin Spiess. Sie seien die «Galionsfiguren» einer Wertegemeinschaft. Versagen sie als authentische Vorbilder oder bei der Durchsetzung von Unternehmenswerten so erzeuge das Unsicherheit und rufe Ängste auch auf den höheren Ebenen des Unternehmens hervor.

Kirchen müssen mahnen

Von Kirche erwarten die Führungskräfte gerade in der Wirtschaftskrise vor allem Verständnis und Unterstützung. Anstösse zur Reflexion gibt dagegen laut den empirischen Ergebnissen in erster Linie prophetische Kritik am Handeln von Unternehmen und Managern. Ob Lob oder Tadel: im Gespräch mit Kirche werden Werte erinnert. Das kann motivieren, sich wieder mit ethischen Fragestellungen zu beschäftigen. Genau hier habe Kirche eine wichtige Funktion und könne Ethik im Unternehmensalltag umsetzen helfen, so Drews.

Datum: 27.11.2009
Quelle: EKD

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