Kommentar

Das Klima retten?

Klima retten?

Wenn Kirchenglocken landauf landab läuten, muss es schlimm stehen. Die Ängste sind verständlich: Den meisten Daten zufolge wandelt sich das globale Klima rasch, offenbar weil wir Menschen es aus dem Gleichgewicht bringen. Der Konsum und der Energieverbrauch nehmen rasant zu, wenn Millionen Menschen sich mehr als das Lebensnotwendige leisten können, in China, Indien und zahlreichen Ländern des Südens. Ihnen Emissions-Beschränkungen zu verpassen, während die reichen Länder im wesentlichen ihren hohen Ressourcenverbrauch beibehalten wollen, klappt politisch nicht; es hat auch ökologisch keine Zukunft - am Horizont steht der Kollaps.

Wir haben keinen anderen Planeten und sollten, auf diesem als Gäste unterwegs, Mass halten (Christoph Stückelberger). Doch verhalten wir uns destruktiv; Ausbeutung und Umweltzerstörung sind weit fortgeschritten. Der Hunger nach mehr, nach Wohlstand und Mobilität wird rund um den Globus genährt, von Regierenden, von den Medien und der Werbewirtschaft, von Erfolgreichen. Unzählige Arbeitsplätze sind ohne Wachstum gefährdet - es sollen künftig mehr Asiaten und Afrikaner Autos erwerben! Wie der Ökologe Wolfgang Haber sagt: Es ist schwierig für chinesische Fachleute, „ihrer Bevölkerung zu raten, dass sie weniger Fleisch kaufen und kleinere Autos kaufen sollen, als ihnen der Westen vorlebt" (National Geographic, Dezember 2009).

Wie in Kopenhagen unter diesen Umständen eine wirksame Selbstbeschränkung ausgehandelt werden soll, ist schleierhaft. Aus dem Sumpf des Wachstumsdenkens kann sich kein Baron Münchhausen herausziehen. So drohen unabsehbare Konsequenzen. An der Strasse der Globalisierung ist Kopenhagen ein Markstein. Und doch ist es verfehlt, das Klima ‚retten‘ zu wollen. Wenn die global empfundene Dringlichkeit eine religiöse Sprache nahelegt, messen wir uns mit dem Wort zu viel zu. Wer sich zu retten anschickt, ohne es zu können, verspielt Glaubwürdigkeit.

«Wir wissen zwar inzwischen, was wir tun und was wir lassen sollten. Wir tun es trotzdem» (W. Haber). Nachhaltiges Wirtschaften sollte sich denen aufdrängen, die alle Aspekte ihres Lebens vor Gott, dem Schöpfer, verantworten. Daran fehlt es - und an der Einsicht, wie abgründig-gierig das Herz des Menschen ist. Der Westen ist in den letzten 200 Jahren weit über die Aufträge Gottes zum Umgang mit der Schöpfung hinausgegangen - der Rest der Welt ist ihm gefolgt, obwohl Hinduismus und Buddhismus eigentlich irdischen Genüssen abzusagen gebieten.

Das 21. Jahrhundert ist noch jung; die Staatengemeinschaft, die die Millenniumsziele für 2015 dröhnend verpasst, sieht auch ökologisch alt aus. Kopenhagen ist eine Mahnung. Wir werden von vielem Abschied nehmen, was uns (erst vor wenigen Jahrzehnten) lieb geworden ist. Retten können wir nicht, aber umkehren und einfacher leben. Besser früher als später.

Datum: 19.12.2009
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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