Prostitution für den Dorfgott

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Nizamabad. Südindische Hindupriester zwingen junge Frauen zur sakralen Prostitution. Es beginnt mit einer feierlichen Einweisung: In einem roten Braut-Sari treten die minderjährigen Mädchen vor den Hindu-Priester, der sie in der Zeremonie mit einer Gottheit verheiratet und damit zur Jogini macht, zur Gottesdienerin. Die Hochzeitsnacht müssen die Töchter aus der untersten Kaste, den „Unberührbaren“, mit einem Dorfältesten aus einer höheren Kaste verbringen. Und dann werden sie weitergereicht, von Mann zu Mann, für einen geringen Lohn.

41 Potharaju-Priester hatten jetzt genug. Sie wollen nie wieder ein Mädchen zur „Jogini“ machen. „Das ist die reine Ausbeutung von niedrigen Kasten durch Dorfälteste im Namen von religiösen Bräuchen“, sagt Grace Nirmala. Die Leiterin einer von der Regierung unabhängigen Organisation hilft ehemaligen Joginis dabei, sich wieder in die Gesellschaft einzugliedern. „Es ist religiös geduldete Prostitution, gegen die seit Hunderten von Jahren niemand etwas tut und die in entlegenen Dörfern immer noch weitergeht.“

1986 wurde das Ritual zwar offiziell verboten. Die wenigsten Potharajus aber halten sich daran, und noch immer gibt es ungefähr 42.000 Joginis im entlegenen Hinterland des indischen Staates Andhra Pradesh. „So lange das System der Potharajus aufrechterhalten wird, finden wir auch kein Ende für die Tradition der Jogini“, sagt Ashok Kumar, ein Verwaltungsbeamter aus Nizamabad, rund 150 Kilometer südlich der Hauptstadt Hyderabad.

Die Potharaju sind Marionetten in der Hand mächtiger Männer. Wie die Jogini kommen auch die Potharaju-Priester aus der untersten, ungebildeten Kaste. Und sie erledigen die Arbeit, für die sich keiner aus einer höheren Kaste die Hände schmutzig machen will: „Die Potharaju sind Marionetten in der Hand mächtiger Männer“, sagt Sozialarbeiterinnen Nirmala. Das Schlimme ist: Die Priesterschaft wird traditionell auf Söhne vererbt.

„Ich wollte diesen Beruf nicht machen“, sagt der 28-jährige Shankar über seine Arbeit als Priester, schliesslich sei er zur Schule gegangen und habe einen Hochschulabschluss. „Aber die Gutsherren haben so einen Druck auf meinen Vater ausgeübt, dass ich keine Wahl hatte: Ich musste es tun.“

Die Vermählung der Töchter aus den unteren Kasten ist nur ein Anlass für Feierlichkeiten, die Potharaju-Priester mit Zeremonien begleiten. An manchen Festtagen müssen die Priester ein Lamm tot beissen. Genauer gesagt: Ihm in den Hals beissen und das Fell mit den Zähnen abziehen. Besonders beliebt sind die Zeremonienmeister dennoch nicht. Nicht selten werden die Priester verbannt und verstossen, weil die Dorfbewohner Angst vor ihnen haben. Dagegen helfen auch ihre langen Haare nicht, die sie nach einer 2000 Jahre alten Tradition wachsen lassen und die ihnen angeblich magische Kräfte verleihen.

Quelle: The Indian Express

Datum: 21.08.2002

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