Wer nicht fragt...

Wieso? Weshalb? Warum?

Wenn die Fragen nicht gestellt werden, bleibt das Blatt leer.
Ein Plädoyer für die Frage nach dem Warum – und was sie auch in Kirchengemeinden verändern kann.

Die Frage «Warum?» hat ein negatives Image. Sie wird obligatorisch gestellt, wenn etwas Schreckliches geschehen ist und kleine Kinder treiben ihre Eltern damit in den Wahnsinn. Warum? Dabei hat der Unternehmens- und Kommunikationsberater Simon Sinek vor knapp 15 Jahren bereits veranschaulicht, dass in dieser Frage der Grund für grossartige Veränderungen und innovatives Denken begründet liegen kann.

Der goldene Kreis

Im September 2009 trat der damals 35-jährige Simon Sinek auf die Bühne der alljährlich stattfindenden Innovations-Konferenz TEDx. Auf einer Flipchart und in nur knapp 15 Minuten erläuterte er sehr eindrücklich, dass der Erfolg von Firmen wie Apple darin besteht, dass sie – noch bevor sie ein Produkt entwickeln – sich ihrer eigenen Vision bewusst werden. Und zwar mithilfe der Frage nach dem Warum. Warum gibt es uns als Unternehmen? Warum machen wir mit dem, was wir tun und wie wir es tun, einen Unterscheid? Warum braucht es das Produkt?

Warum ist das, was wir tun, neu, innovativ, kreativ, wichtig oder bedeutsam? Laut Sinek ist das der Weg, wie man als Unternehmen (mit seinen Produkten) inspirieren kann. Es sei der falsche Weg, vom Produkt her zu denken und dann zu gucken, wie man dieses auf dem Markt lancieren könnte und sich eine nette Story als Marketinggag auszudenken. Von der Vision her zu kommen, den eigenen Antrieb in Worte zu fassen, funktioniere dagegen als Narrativ für viele verschiedene Produkte und eine langfristige Unternehmenskommunikation. Er nannte es den Goldenen Kreis: Im Zentrum steht die Frage nach dem Warum. Dann schliessen sich die Frage nach dem Wie und erst danach die Frage nach dem Was an.

Die Frage nach dem Glauben

In seinem Buch «Frag immer erst: Warum. Wie Führungskräfte zum Erfolg inspirieren», erklärt er, dass die Frage nach dem Warum für den Glauben steht. Für ihn spielt der transzendente Glaube an eine höhere Macht erstmal keine drängende Rolle, gemeint ist eher die Vision, die Überzeugung. Das «WIE steht für unsere Handlungen, um diesen Glauben zu realisieren, und das WAS ist das Ergebnis dieser Handlungen.»

Auch wenn es ursprünglich nicht so intendiert war – die Frage nach dem Glauben ist nicht nur eine Gretchen-Frage, sondern kann, als Sinek-Frage, auch auf Kirchen und kirchliche Organisationen angewendet werden. Im kirchlichen Kontext haben sich schon einige Pionierinnen und Pioniere auf den Weg gemacht und sich nicht überlegt, wie sie ihren Sonntagsgottesdienst mal anders gestalten können oder dass sie in der Jugendarbeit jetzt auf eine Jugendreferentin statt auf einen Jugendreferenten setzen wollen, sondern haben sich gefragt: Warum gibt es uns? Warum sind wir in unserem Stadtteil, Dorf oder Kiez wichtig? Warum kommen die Jugendlichen zu uns? Und warum wollen wir ihnen überhaupt begegnen? Wie wollen wir in unserer Umgebung aktiv sein und wahrgenommen werden? Wie können wir an die Bedürfnisse der Menschen, die wir erreichen wollen, appellieren? Wie können wir ihnen begegnen? Und dann erst fragen: Was wollen wir dafür tun, um unsere Fragen nach dem Warum und Wie zu beantworten? Was wissen oder glauben wir, dass diese Menschen brauchen? Was für Formen und Formate wollen wir – mit ihnen gemeinsam – erproben?

Hinter jedem Menschen, der das Warum kennt und lebt, braucht es Menschen, die das Wie kennen und bereit sind, dieses in ein Was umzusetzen. Es braucht eine Pfarrperson mit einer Vision, ein Gremium oder eine Gemeinde, die diesen Glauben mitträgt und mitlebt und mitgestaltet.

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Datum: 02.04.2024
Autor: Hella Thorn
Quelle: Magazin echt.evangelisch.engagiert. SCM Bundes-Verlag

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