Hintergrund: Eidgenössischer Dank-, Buss- und Bettag

Schweiz

Dankgottesdienste und Bussfeiern wurden zu allen Zeiten begangen. Dazu wurde das Volk Israel schon im Alten Testament aufgerufen. Und in manchen jüdischen Festen ist bis heute etwas von dieser Verbindung von Dank, Freude und Umkehr zu spüren. Dank- und Bussfeiern haben auch im Christentum ihren Ort gefunden und sind in der Schweizer Geschichte immer wieder ein Thema, besonders in Zeiten der Not. Im Spätmittelalter tauchen sie als Gegenstand eidgenössischer Tagsatzungen auf. Am Buss- und Bettag wurde man zur Umkehr aufgerufen. Dabei ging es nicht nur um eine innere Umkehr, auch das Tun der Menschen sollte sich zum Guten wenden. So hörte man immer wieder neu auf die Bibel, um zu erkennen, wo man ihr auch als ganzes Volk untreu geworden war.

Das "Eidgenössisch" im Titel sagt es schon: das Besondere - vielleicht auch Problematische - dieses kirchlichen Feiertages ist, dass er zugleich oder eigentlich ein staatlich-politischer ist. Zugleich wird damit unterstellt, dass er für alle Konfessionen - und Religionen? - gelte. Immerhin feiern ihn auch die Israelitischen Kultusgemeinden mit.

Die Geschichte der institutionalisierten Dank- und Bussfeier, des «Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettags», ist eng mit jener des werdenden Bundesstaates Schweiz verbunden. Zum ersten gesamtschweizerischen Dank-, Buss- und Bettag kam es am 8. September 1796. Und seit 1832 steht auch das Datum fest: jeweils der dritte Sonntag im September. Sein eigentliches, heutiges Gewicht erhielt der Tag also im Umfeld der Gründung des Bundesstaates von 1848.

Der Bundesstaat von 1848 war keine Selbstverständlichkeit, sondern musste errungen werden. Noch standen das junge Staatsgebilde und der Religionsfriede (zwischen Katholischen und Reformierten) auf wackligen Beinen. So war es klug, mit einem gemeinsamen Dank-, Buss- und Bettag auf die Verwurzelung in der christlichen Tradition hinzuweisen und durch die gemeinsame Besinnung dem noch fragilen Staatsgebilde ein festigendes Element zu geben. Damit wurde das Verbindende betont und der Respekt vor dem politisch und religiös Andersdenkenden gefördert.

Zunächst erliessen die Kantonsregierungen Bettagsaufrufe, sogenannte Bettagsmandate, die aus religiöser Sicht auf die aktuellen geistigen, sittlichen, aber auch politischen, wirtschaftlichen und sozialen Themen eingingen. Als Zürcher Staatsschreiber verfasste auch Gottfried Keller 1863-72 solche Mandate.

Die politischen Behörden haben sich aber aus der Verantwortung für Bettagsaufrufe zurückgezogen und diese den Kirchen überlassen, im Kanton Zürich bereits 1872.

Heute wird der Bettag als ökumenischer Festtag begangen. Er ist der Tag der Solidarität, der Tag der Geschwisterlichkeit. Er zeigt, dass Menschen zusammengehören und dass man füreinander und für die Schöpfung Verantwortung trägt.

Zusammengestellt und Bearbeitet von Bruno Graber

Datum: 14.09.2002
Quelle: Livenet.ch

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