Auch Frankreichs Oberrabbiner lehnt Gesetz gegen religiöse Symbole ab

Joseph Sitruk

Der französische Oberrabbiner Joseph Sitruk hat vor einem gesetzlichen Verbot des Tragens religiöser oder politischer Zeichen in der Schule gewarnt. Damit würde den Religionen ein Maulkorb im Namen der weltanschaulichen Neutralität verpasst, erklärte Sitruk in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der französischen Tageszeitung "Le Figaro". Der Oberrabbiner sagte, Aufgabe des Staates sei vielmehr, die friedliche und respektvolle Koexistenz der Religionen zu garantieren.

Mit Blick auf das umstrittene Tragen des Kopftuchs durch muslimische Schülerinnen sagte Sitruk, das Problem sei "nicht beunruhigend". Allerdings sei es Besorgnis erregend, wenn sich eine Religion gegen die Gesellschaft auflehne und sie in Frage stelle. Die Religionen dürften nicht ihren Standpunkt aufzwingen wollen.

Abschlussbericht – Warten auf Chiracs Rede

Die von Staatspräsident Jacques Chirac eingesetzte Kommission zur weltanschaulichen Neutralität hat am Donnerstag ihren Abschlussbericht abgegeben. Unter Berücksichtigung dieser Ergebnisse will die französische Regierung anschliessend entscheiden, ob sie einen Gesetzentwurf zum Verbot des Tragens religiöser und politischer Symbole in der Schule einbringt. Das Thema erhitzt die Gemüter. Chirac will am 17. Dezember zur Frage der religiösen Neutralität des Staats, der ‚laicité’, Stellung nehmen.

Die französischen christlichen Kirchen hatten sich zu Wochenbeginn gemeinsam gegen ein solches Gesetz ausgesprochen. Sie erklärten, dass dadurch "die gegenwärtigen Schwierigkeiten nicht positiv gelöst werden könnten". In Frankreich werden regelmässig Schülerinnen, die das muslimische Kopftuch tragen, von der Schule ausgeschlossen. Die rechtlichen Grundlagen dafür sind umstritten.

Quelle: Kipa/Livenet

Datum: 12.12.2003

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