CSI lädt zur Jahrestagung

Reto Baliarda: «Ich habe Hochachtung vor den bedrängten Christen»

Christian Solidarity International (CSI) setzt sich seit 1977 für Glaubensverfolgte und Menschenwürde ein. An diesem Wochenende, am 29. Oktober, lädt CSI zur Jahrestagung in Zürich. Referenten aus Indien, Südsudan, Pakistan und Syrien gewähren einen Einblick in ihre schwierige Arbeit. Gleichzeitig ist ersichtlich, dass der Glaube an Jesus einen Unterschied ausmachen kann. Wir unterhielten uns mit CSI-Redaktor Reto Baliarda über die Tagung.
Reto Baliarda
Redner der CSI-Tagung 2016 in Zürich

Livenet: Reto Baliarda, wo liegt der Fokus des diesjährigen CSI-Jahrestags?
Reto Baliarda: Wir informieren unsere Besucher am CSI-Tag umfassend über unsere Projektarbeit. Deshalb freuen wir uns besonders, dass wir dieses Jahr Projektpartner aus verschiedenen Ländern einladen konnten, in denen CSI tätig ist.

Mit dabei ist Schwester Sara aus Syrien, was tut sie in ihrem Land?
Schwester Sara und ihr Team setzen sich für mittellose Familien ein, die ihre Heimat verlassen mussten. Diese Menschen erhalten unter anderem finanzielle Hilfe für eine Unterkunft. In Zusammenarbeit mit CSI verteilt das Team von Schwester Sara Lebensmittel sowie Medikamente und übernimmt bei Notfällen die Arztkosten. Ferner kümmert es sich ums Wohl von Kindern. Das Team organisiert Freizeitprogramme. So fand letztes Jahr ein Sommerlager mit 130 Kindern von vertriebenen syrischen Familien statt. Des Weiteren engagiert sich Schwester Sara dafür, dass Kinder die Schule besuchen können. Auch bietet sie Workshops und seelsorgerliche Betreuung an.

Welchen Unterschied kann diese mutige Frau machen und was erlebt sie dabei?
Dazu ein Beispiel. Eine sunnitische Frau, die wegen der Rebellen aus Aleppo fliehen musste, besucht zweimal pro Woche ein Treffen für vertriebene Frauen, das von Schwester Sara geleitet wird. Diese Frau sagt: «An diesen Treffen können wir Frauen offen über unsere Probleme sprechen. Wir lieben Schwester Sara. Sie macht uns so fröhlich und glücklich.» Schwester Sara gewinnt das Vertrauen von Menschen unterschiedlichen Glaubens. Das ist in einem religiösen Konfliktgebiet wie Syrien von unbezahlbarem Wert. An ihr können viele Menschen die Liebe Gottes erkennen.

Die Juristin Aashima ist eine weitere Referentin. Sie kämpft in Indien gegen den Menschenhandel – wie sieht ihr Engagement aus?
Ihr Einsatz gegen den Menschenhandel in zwei indischen Bundesstaaten sieht Prävention, Befreiung und Rehabilitation vor. Bei der Prävention werden gefährdete Menschengruppen informiert, aber auch wirtschaftliche Hilfe ermöglicht, da die Armut eine wichtige Ursache des Menschenhandels ist. Hier haben sich vor allem die Selbsthilfegruppen, kurz SHG, die vor rund zwei Jahren gestartet wurden, bewährt. Die Mitglieder kommen einmal wöchentlich zusammen und sammeln Geld in einer gemeinsame Kasse, um kleine Geschäfte aufzubauen. Zudem sprechen sie über Themen wie häusliche Gewalt oder Menschenhandel. Derzeit gibt es 45 SHG mit bis zu 15 Teilnehmenden pro Gruppe. Etwa zehn SHG sind reine Männergruppen.

Juristin Aashima und ihrem Team gelingt es immer wieder, Opfer aus den Fängen der Menschenhändler zu befreien. Seit Anfang 2013 wurden über 150 Menschen, zumeist Kinder, befreit. Wichtig ist auch, dass die befreiten Kinder an einem sicheren Ort Schutz finden, falls sie nicht zu ihren Eltern zurück können. Auch dafür setzt sich Juristin Aashima ein.

Pastor Latif, ein weiterer Redner auf der Tagung, setzt sich für bedrängte Christen in Pakistan  ein. Wie sieht sein Einsatz aus?
Pastor Latif kümmert sich um überlebende Christen und Angehörige von Verstorbenen der Attentate auf Kirchen in Peschawar im September 2013 und Lahore im März 2015 sowie des Anschlags im Gulshan-Iqbal-Park vom Ostersonntag 2016 in Lahore. Pastor Latif klärt die akuten Bedürfnisse ab und entscheidet zusammen mit CSI, welche Hilfe – also ärztliche Betreuung inklusive Operationen, Verteilung von Nahrungsmittelpaketen, usw. – die Not am besten lindert. In manchen Fällen wird auch eine entstandene, wirtschaftliche Not überbrückt.

Der frühere Architekt errichtete zudem eine Schule in einem Ghetto. Was konnte dadurch erreicht werden?
Diese Schule leistet einen grossen Beitrag für die Bildung von unterprivilegierten Kindern, wie auch für den Religionsfrieden. Sowohl christliche als auch muslimische Kinder aus armen Familien, die sich sonst keine Schulbildung leisten könnten, sind in dieser Schule willkommen. Etwa 700 Knaben und Mädchen besuchen die Schule.

Franco Majok setzt sich in Nigeria für verfolgte Christen ein. Wie sieht seine Hilfe aus?
Franco Majok ist unser Projektkoordinator in Nigeria. Er klärt vor Ort ab, welche Hilfe für Terroropfer von Boko-Haram und extremistischen Fulani-Hirten geleistet werden kann. Wir unterstützen Überlebende des Anschlags von Weihnachten 2011 auf eine katholische Kirche in Madalla, 30 Kilometer westlich der Hauptstadt Abuja. In der südlichen Stadt Enugu helfen wir Kindern und Familien durch Schule, Nahrungsmittel und Medikamenten, die wegen Boko Haram aus dem Norden geflohen sind. Unterstützung erhalten auch Flüchtlinge in Jos, östlich von Abuja (Maiduguri) im Nordosten, wo Boko Haram aktiv ist und im Bundesstaat Kaduna, wo immer häufiger tödliche Überfälle von Fulani-Extremisten verübt werden.

Welche Momente bewegen Sie persönlich besonders in Ihrer Arbeit?
Bisher nahm ich an zwei Projektreisen nach Indien und Nigeria teil. Begegnungen mit Menschen vor Ort, die wegen ihres christlichen Glaubens verfolgt wurden oder einen Anschlag überlebt haben, berühren mich zutiefst. Als Redaktionsleiter von CSI setze ich mich zudem täglich mit persönlichen Beispielen von Christenverfolgung auseinander. Diese hinterlassen bei mir eine extreme Betroffenheit. Ich habe Hochachtung vor den bedrängten Christen, die trotz ihrem Leid an Gott festhalten. Ich fühle mich auch auf eine traurige Art privilegiert, die Öffentlichkeit über die Verfolgung von Christen und anderen Minderheiten informieren zu können.

Zum Thema:
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Datum: 28.10.2016
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

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