Der Sinn der Auferstehung: Wiederherstellung des ganzen Menschen

Die Auferweckung Jesu von den Toten zeigt, welchen Wert sein Tod am Kreuz hat: Er starb für die Schuld der Menschen, um ihnen neues, ewiges Leben zu geben.
Schmetterling

Das Neue Testament spricht nicht von der Unsterblichkeit der Seele; es verkündet die Auferstehung der Toten. Im Griechischen lautet der Ausdruck eigentlich: "Wiedererstehen". Das Neue Testament weiss nichts von einem einstigen Aufgehen der menschlichen Person in der Allseele; so denkt man sich oft die "Unsterblichkeit der Seele".

Christus und die Apostel sprechen überall von der Wiederherstellung des Menschen in seiner gottgeschaffenen Eigenart. Fortbestehen soll nicht ein Teil des Menschen (seine Seele, sein Geist), sondern der ganze Mensch einschliesslich des Leibes soll in eine neue Wirklichheit hineinverwandelt worden.

Das Neue Testament kennt nicht die spätgriechische Geringschätzung des Leibes. Es ehrt ihn als Gottes Schöpfung. Der Leib, wie ihn der Schöpfer anfänglich dem Menschen gab, war nicht ein Gefängnis des Geistes, sondern in untrennbarer Einheit mit dem Geist ein Gleichnis der göttlichen Herrlichkeit (dies ist der Sinn von 1. Mose 1,26). Der Leib ist ein angemessenes Werkzeug und Ausdrucksmittel des inneren Menschen. Die Gemeinde, der leibhaftige Menschen angehören, ist ein Tempel Gottes und eine Wohnung seines Geistes (1. Korinther 3,16). Der jetzige Leib ist zwar dem Tod verfallen; deswegen wird der Mensch aber in der Vollendung nicht ohne Leib sein. Er wird vom Tod erstehen mit einem neuen Hoheitsleib (Philipper 3,12).

Auferstehung ist erneuerte Schöpfung

Nicht das, was der Mensch auf Erden aus sich selbst gemacht hatte, nicht das, was in diesen Weltverhältnissen aus ihm geworden war, soll fortleben. Sondern so, wie Gott anfänglich ihn schuf, soll er wieder aufleben, ja dieser göttliche Anfang soll in der Auferstehung vollendet sein, viel herrlicher noch als "am ersten Tag". Der auferstandene Mensch wird im göttlichen Lichtglanz erstrahlen (1. Korinther 15,25ff.). Das göttliche Original, das jeder Mensch darstellt, wird hier erst zur vollen Entfaltung kommen. Darum wird jeder kenntlich sein als der, der er ist.

Im Vergleich zum jetzigen Zustand des Menschen bedeutet die Auferstehung eine völlige Verwandlung oder Neuschöpfung (1. Korinther 15,51). Das sagt der Apostel Paulus mit den Worten: "Es wird gesät in Niedrigkeit und wird auferstehen in Herrlichkeit. Es wird gesät in Armseligkeit und wird auferstehen in Kraft. Es wird gesät ein natürlicher Leib und wird auferstehen ein geistlicher Leib" (1. Korinther 15,43f.).

Die Auferstehung Jesu ist bahnbrechend als die erste endgültige Auferstehung innerhalb der Menschheit (1. Korinther 15,23). Aber weit mehr: Sie ist ein Weltereignis. Die finsteren geistlichen Mächte, die ihre äusserste Macht aufgeboten hatten beim Tod Jesu, sind durch seine Auferstehung an der entscheidenen Stelle entmächtigt. Eine völlige Umwälzung der gesamten Weltzustände ist damit angebahnt.

Indem Jesus in die neue göttliche Seinsweise einging, ist ein Durchbruch zur oberen Lichtwelt erfolgt. Das ist von unabsehbarer Bedeutung für alle, die in Verbindung mit Christus stehen. Als Kolumbus zur Neuen Welt vordrang, war sie nicht nur für ihn, sondern für die ganze Alte Welt erschlossen. Wenn einer aus dem verschütteten Bergwerk den Weg ins Freie findet, so sind alle Verschütteten frei. - Dieser Vergleich zeigt, warum die Apostel nicht genug davon sprechen können, welche unermesslichen Folgen die Auferstehung Jesu hat. "Gott hat uns mit Christus auferweckt und in die Himmelswelt versetzt" (Epheser 2,6).

Eine sinngebende Tat Gottes

Die Auferweckung Jesu ist nicht sozusagen ein mehr oder weniger unwichtiges Siegel auf das Erlösungswerk im Kreuz, sondern gibt ihm erst seinen Sinn. Gott hat im Kreuz Jesu die Vergebung der Sünden, die Erlösung, die Versöhnung und die Rechtfertigung der Menschheit vollbracht (Epheser 1,7; Matth 20,28; 2. Korinther 5,19; Römer 5,9.18; 3,24) und der erlösten, versöhnten und gerechtgesprochenen Menschheit in der Auferweckung Christi das ihr zukommende Leben verliehen. Denn zur Sünde gehört notwendig der Tod, aber zur Gerechtigkeit gehört - ebenso notwendig - das Leben: das ist Gottes ewige Regel. Darum bedeutet die Gnadengabe der Gerechtigkeit immer auch die Gnadengabe des Lebens, und dieses Leben hat uns Gott in dem auferstandenen Herrn Jesus geschenkt.

So ist unser Herr Jesus "um unsrer Rechtfertigung willen auferweckt" (Römer 4,25), um uns das Leben zu bringen, ja um selbst unser Leben zu sein. Denn die Auferweckung des Hauptes bringt auch dem Leib und den Gliedern das Leben, damit, wie Christus auferweckt ist durch die Siegesgewalt des Vaters, auch wir in einem neuen Lebenszustand wandeln sollen (Römer 6,4).

Er ist auferstanden, um "der Herr" zu sein (Römer 14,9), und das heisst: um inmitten einer erlösten Menschheit seine Gnadenherrschaft aufzurichten und die Frucht und Beute seines Sieges auszuteilen. - Die Auferstehung Jesu wird von den Aposteln stets zugleich mit seinem Kreuz verkündet, jedoch als das Grössere, als das "Vielmehr" (Römer 8,34), von woher das Kreuz erst verstanden werden kann. Glaube an die Rettung durch Christus ist Glaube an seine Auferstehung!

Quelle: Neutestamentliches Wörterbuch, mit freundlicher Genehmigung des Ernst-Franz-Verlags (bearbeitet)

Datum: 26.03.2002
Autor: Ralf Luther

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