Auferstehung Jesu – ist das glaubwürdig?
«Es gibt gute Gründe für den Glauben – für den Kopf und das Herz», sagt Heike Breitenstein. Sie lebt im Stadtkloster in Bern: «Ich schätze das Leben und das Zusammensein hier und freue mich darauf, die Osterbotschaft in diesem Rahmen zu erleben», hält die Theologin fest. Gemeinsames Essen und beten, manchmal auch mit Ritualen, gehören dazu. «Wir haben uns zum Beispiel bewusst auf die Fastenzeit eingelassen und uns am Aschermittwoch symbolisch ein Kreuz aus Asche auf die Stirn gemalt», erzählt die Doktorandin. «Dabei ist wichtig für mich, dass ich meinen Verstand nicht an der Garderobe abgeben muss.»
Historisch verbürgt
«Jesus hat gelebt, er ist in Raum und Zeit hineingekommen, und in ihm ist uns Gott begegnet», ist Heike Beitenstein überzeugt. Sie führt aus: «Säkulare Historiker wie zum Beispiel Tacitus berichten von Jesus und bezeugen, dass er unter Pontius Pilatus hingerichtet wurde.» Sie ist fasziniert von historischen Schriften, die das Leben und Sterben von Jesus aufzeigen. «Die Glaubwürdigkeit antiker Schriften wird bestätigt durch den Abstand zwischen dem Ereignis und dem niedergeschriebenen Dokument und durch die Anzahl dieser Nachweise.» Das Neue Testament wurde in viele verschiedene Sprachen übersetzt, so ins Griechische, Aramäische, Syrische, Äthiopische. Wenn man die Zeitspanne ihrer Entstehung mit anderen historischen Dokumenten vergleicht, sei sie recht kurz. Es gebe gut 5'800 Dokumente, die historisch verbürgt sind: «Das ist ausserordentlich viel», erklärt Breitenstein. «Und das erlaubt mir einen guten Blick auf die Ereignisse damals.»
Auf der anderen Seite gibt sie zu: «Seine Auferstehung kann ich nicht beweisen, aber ich finde glaubwürdige Hinweise darauf.» Es komme darauf an, mit welchen Erwartungen man ans Thema Auferstehung herantrete. «Lehne ich sie von vornherein ab oder lasse ich mich auf die Berichte der biblischen Augenzeugen ein?» Man könne hier nachhaken, sich fragen, was die Jünger genau erlebt haben und dann entscheiden, ob man ihren Berichten Vertrauen schenke. Für die Juden habe die Auferstehung Jesu überhaupt nicht ins Weltbild gepasst, hält Heike Breitenstein fest. «Sie konnten sich die Auferstehung aus den Toten erst am Ende der Weltzeit vorstellen, vorher bestimmt nicht.»
Keine gute Idee
Auch für die Griechen war es eine undenkbare Idee, dass jemand körperlich aufersteht – für sie sei der Körper eher ein Hindernis gewesen, sie suchten die Erlösung auf geistiger Ebene. Sie glaubten, die Seele könne erst nach dem Ablegen des Körpers erlöst werden, daher war eine Auferstehung als Mensch keine erstrebenswerte Option. «Es war für niemanden ein attraktives Konzept, weder für die Griechen noch für die Juden – im Gegenteil», hält Breitenstein fest. «Warum sollten sie sich für etwas einsetzen, das ihnen den Tod bringen könnte?» Oder waren die Jünger naiv? «Nein, sie wussten genauso wie wir: Tote werden nicht wieder lebendig», stellt Heike Breitenstein klar. Auch die Idee, dass sie in ihrer Niedergeschlagenheit Jesu Auferstehung erfanden, mache keinen Sinn. Wieso sollten sie eine Lüge erfinden, die sie in Schwierigkeiten bringt? Viele von ihnen haben später für ihren Glauben an die leibliche Auferstehung Jesu mit dem Leben bezahlt. «Man geht davon aus, dass von zwölf Jüngern elf auf grausame Art umgebracht wurden», erklärt die Theologin.
Frauen zählen nicht
Ebenfalls ungewöhnlich war, dass Frauen die ersten Zeugen der Auferstehung waren. «Frauen hatten damals keine Stimme, ihre Aussage galt vor Gericht gar nichts», hält die Theologin fest. «Wer eine Geschichte erfand, hätte sicher keine Frauen als Zeugen genannt.» Daher geht Breitenstein davon aus, dass glaubwürdig ist, was in der Bibel steht. «Jesus hat den Tod besiegt – er war der erste, der auferstanden ist, er konnte plötzlich durch Türen gehen, viele haben ihn gesehen und gehört.»
Ostern bezeuge: Der Tod hat nicht das letzte Wort, es gibt eine Hoffnung darüber hinaus. Der Kreislauf von Leben und Tod geht nicht ewig weiter, weil der Tod besiegt ist. Sie ist überzeugt davon, dass Gott diese Erde neu macht und es dann eine Gemeinschaft gibt, die alles Bisherige übersteigt. Die Bibelkennerin zitiert Apostel Paulus, der betont, das Fundament des christlichen Glaubens sei die Auferstehung – ohne sie wäre Glaube nichts wert. «Die Auferstehung ist Voraussetzung dafür, dass alles neu wird», doppelt Breitenstein nach. Es sei, als ob man mit einer anderen Brille auf die Welt sehen würde: «Ich glaube an Christus, wie ich an die Sonne glaube. Nicht weil ich sie sehe, sondern weil ich durch sie alles neu sehe.» Tod und Krankheit hätten nicht das letzte Wort, es gebe ein Wiedersehen. Und was in diesem Leben geschieht, habe auch Bestand in der neuen Welt.
Es geht um Neues
Jesus klagte am Kreuz: «Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?» Diese Aussage ist für Breitenstein ein Zugeständnis Jesu, dass er die tiefste Hoffnungslosigkeit kennt. «Er geht durch die Tiefe des Schmerzes und daraus entsteht etwas Neues.» Sie hält fest: «Die Klage ist die Schwester der Hoffnung.» Jesus verändere ihren Blick auf die Welt, und diese Erfahrung teilt sie mit ihren Freunden im Stadtkloster. «Jesus lebt und begegnet mir heute», bestätigt Heike Breitenstein.
Sehen Sie hier den gesamten Talk mit Heike Breitenstein:
Zum Thema:
Dossier Ostern
Wer weiss? Jesus und die Auferstehung
Mission Impossible: Cold-Case Ermittler wollte Jesu Auferstehung widerlegen