Pakistans Christen fordern gleiche Rechte
Christinnen in Punjab, der bevölkerungsreichsten Provinz Pakistans, protestieren gegen ein neues Kommunalwahlgesetz, das religiösen Minderheiten das Recht verwehrt, ihre eigenen Vertreter direkt zu wählen, und die demokratische Teilhabe durch parteiunabhängige Wahlen untergräbt.
Das «Punjab Local Government Act 2025», das die seit langem ausstehenden Kommunalwahlen regeln soll, die für Ende Dezember erwartet werden, verpflichtet die Einwohnerinnen und Einwohner von mehr als 4’000 ländlichen und städtischen Gemeinderäten dazu, neun allgemeine Mitglieder direkt zu wählen. Vier reservierte Sitze – für Minderheiten, Frauen, Arbeiter (beziehungsweise Bauern) sowie Jugendliche – sollen hingegen über ein parteigesteuertes «Auswahlverfahren» vergeben werden. Christen, die den Grossteil der Minderheiten in Punjab stellen, kritisieren, dass diese Änderung die politische Marginalisierung der ohnehin verletzlichen Gruppen weiter verfestige und verfassungsrechtliche Garantien für Gleichheit und lokale Selbstbestimmung verletze.
«Ungerechte Einführung»
«Unsere grösste Sorge ist die undemokratische und ungerechte Einführung eines Auswahlverfahrens für reservierte Sitze. Das Recht, seine eigenen Vertreter zu wählen, ist grundlegend für echte politische Teilhabe», sagte Samson Salamat, Vorsitzender der Organisation «Rwadari Tehreek» (Übersetzt: «Bewegung für Gleichheit»).
Man befürchte, dass dies die politische Ausgrenzung benachteiligter Bevölkerungsgruppen – insbesondere religiöser Minderheiten, Frauen und Arbeiter – weiter vertiefen werde. «Das ‘Punjab Local Government Act 2025’ widerspricht demokratischen Grundprinzipien und führt zu einem Mangel an Rechenschaftspflicht und Transparenz. Ohne Parteizugehörigkeit wissen die Wähler nicht, für welche politischen Ziele oder Werte die Kandidierenden vor Ort stehen», betonte er weiter.
Schutzmechanismen werden untergraben
Katherine Sapna, Geschäftsführerin von «Christians True Spirit», betont: «Die proportionalen Minderheiten-Sitze in den nationalen und regionalen Parlamenten seit 2002 haben sich für religiöse Minderheiten bereits als kontraproduktiv erwiesen. Statt das Gesetz zu reformieren, wiederholt die Regierung von Punjab dieses Unrecht und nimmt Christen sowie anderen Minderheiten erneut das Recht, ihre eigenen Vertreter zu wählen – selbst auf kommunaler Ebene.»
Sie fügte hinzu, dass «Rwadari Tehreek», «Christians True Spirit» und die «Human Friends Organization» am 5. November eine Verfassungsklage vor dem Obersten Gerichtshof in Lahore eingereicht hätten, um eine Gesetzesänderung zu erreichen, die Minderheiten direkte Wahlen ihrer Vertreter ermöglicht.
Direkte Wahlen gefordert
Kirchenvertreter, Anwälte und Sozialaktivisten verurteilten das neue Gesetz ebenfalls und forderten direkte Wahlen für die reservierten Minderheitensitze. Kommunalwahlen müssten Gerechtigkeit, Gleichheit und echte Bürgerbeteiligung widerspiegeln, damit religiöse und soziale Minderheiten sich auf lokaler Ebene tatsächlich ermächtigt fühlen.
Ejaz Alam Augustine, ehemaliger Minister für Menschenrechte sowie die Angelegenheiten von Minderheiten im Punjab und derzeitiges Mitglied der Provinzversammlung, sagte, wiederholte Bemühungen, das Wahlsystem für die Sitze von Minderheiten zu reformieren, seien ergebnislos geblieben: «Die Macht sollte auf die lokale Ebene übertragen werden – insbesondere für Minderheiten –, damit die Probleme, mit denen sie täglich konfrontiert sind, wirksam angegangen werden können. Doch aufeinanderfolgende Regierungen haben es vermieden, das Gesetz zu reformieren, und Minderheiten so ihres Rechts beraubt, ihre Vertreter selbst zu wählen.»
Sitze bedeuten auf diese Weise wenig
Laut der pakistanischen Verfassung sind im nationalen Parlament 10 von 336 Sitzen für Nicht-Muslime reserviert. Nach Artikel 106 reservieren die vier Provinzparlamente insgesamt 24 von 749 Sitzen für Nicht-Muslime. Zusätzlich erhalten Minderheiten vier Sitze im Senat – je einen pro Provinz – in der 96-köpfigen Kammer.
Laut Azam Mairaj, Gründer der Minderheitenrechtsbewegung «Tehreek-e-Shinakht» (Übersetzt: «Bewegung für Identität»), bedeuten diese insgesamt 34 reservierten Sitze wenig für Minderheiten, wenn sie ihre Vertreter nicht selbst wählen dürfen.
Das aktuelle Wahlsystem habe «Erfüllungsgehilfen» hervorgebracht, so Mairaj, die den grossen politischen Parteien verpflichtet seien, statt den Minderheiten, die sie eigentlich vertreten sollen.
Er plädierte für direkte Wahlen der reservierten Sitze und schlug ein Modell vor, nach dem alle nichtmuslimischen Bürger weiterhin das Recht hätten, für allgemeine Sitze auf nationaler, provinzieller und kommunaler Ebene zu wählen und zu kandidieren – zusätzlich zur Wahl eigener Vertreter für Minderheitensitze.
Zum Thema:
Neue Studie: Diskriminierung christlicher Gefangener in Pakistan
Good News aus Pakistan: Gerichtsurteile bringen Christen Gerechtigkeit
«Keine Zukunft für Jugend»: Christen besorgt nach tödlichen Unruhen
Datum: 16.11.2025
Autor:
CDI / Daniel Gerber
Quelle:
Christian Daily International / gekürzte Übersetzung: Livenet