«Keine Zukunft für Jugend»

Christen besorgt nach tödlichen Unruhen

Proteste in Bangladesch (Symbolbild)
Ethnische Unruhen in Bangladesch nehmen zu. Christliche Leiter berichten von wachsender Angst und Unsicherheit unter den religiösen Minderheiten des Landes.

«Unsere christliche Jugend ist ratlos – es scheint, als hätten sie in diesem Land keine Zukunft», sagt Martha Das, Generalsekretärin der «National Christian Fellowship of Bangladesh».

Ihre Worte widerspiegeln die Verzweiflung vieler, nachdem es im südöstlichen Distrikt Khagrachhari zu Gewaltausbrüchen gekommen ist. Drei Angehörige des Marma-Stammes wurden getötet, Dutzende verletzt. Auslöser waren Proteste nach der Gruppenvergewaltigung eines zwölfjährigen indigenen Mädchens.

Die Unruhen machen die zunehmende Unsicherheit ethnischer und religiöser Minderheiten – darunter Christen, Buddhisten und Hindus – in einem der am dichtesten besiedelten Länder Südasiens deutlich.

Festnahme von Tätern gefordert

Die Gewalt in Khagrachhari begann, nachdem am 23. September Proteste wegen der mutmasslichen Gruppenvergewaltigung einer zwölfjährigen Schülerin aus dem Marma-Volk ausgebrochen waren. Das Mädchen war auf dem Heimweg vom Nachhilfeunterricht, als sie überfallen wurde. Ihre Eltern fanden sie gegen 23 Uhr bewusstlos auf einem Feld.

Mit Unterstützung der Armee nahm die Polizei am 24. September einen Verdächtigen, Shayon Shil, fest. Doch die Proteste hielten an, da Demonstrierende die Festnahme zweier weiterer mutmasslicher Täter forderten.

Gewalt eskaliert

Die indigene Studentenorganisation «Jumma Chhatra Janata» (JCJ) organisierte daraufhin Strassenblockaden und Kundgebungen in den drei Hügeldistrikten, um acht Forderungen durchzusetzen – darunter die strafrechtliche Verfolgung aller Tatverdächtigen. Die JCJ setzt sich für die Rechte der Jumma-Völker ein, ein Sammelbegriff für elf verschiedene indigene Ethnien in den Chittagong Hill Tracts.

Am 27. und 28. September eskalierte die Gewalt, als sich die Proteste im Distrikt Khagrachhari ausbreiteten. Laut einer JCJ-Pressemitteilung vom 29. September griffen bewaffnete Siedler und Militärkräfte am 28. September Demonstrierende im Unterbezirk Guimara an. JCJ sprach vom «Massaker von Guimara». Drei Menschen wurden getötet, wie die Polizei bestätigte: Teiching Marma (20), Aukhrau Marma (22) und Athuipru Marma (21), alle aus der Gemeinde Hafchhari in Guimara.

Die JCJ berichtete zudem von 16 Verletzten, darunter ein 13-jähriges Kind und eine 70-jährige Frau. Mehrere Motorräder, ein Auto sowie Häuser und Geschäfte indigener Bewohner seien zerstört worden.

Auseinandersetzung mit Militär

Laut dem Informationsdienst der Streitkräfte Bangladeschs (ISPR) hätten bewaffnete Mitglieder der «United People’s Democratic Front» (UPDF) – einer politischen Organisation, die die Autonomie der indigenen Bevölkerung in den Hill Tracts fordert – aus erhöhter Position westlich von Ramsu Bazar mit automatischen Waffen das Feuer eröffnet.

Zehn Soldaten, darunter drei Offiziere, seien bei den Eingriffen verletzt worden. Auch ein Fahrzeug der Grenzschutztruppe «Border Guard Bangladesh» (BGB) wurde beschädigt. Lokale Medien berichteten von rund 50 niedergebrannten Häusern und 40 zerstörten Läden.

Entschädigung gefordert

Der Christ Pada Chakma sagte gegenüber «Christian Daily International», dass fünf Christen auf dem Weg zur Kirche von der Armee angegriffen worden seien. «Sie mussten ins Krankenhaus, sind aber inzwischen alle wieder zu Hause», so Chakma.

Die JCJ fordert Entschädigungen für die Familien der Getöteten sowie für die Verletzten und ebenso eine unabhängige gerichtliche Untersuchung und die sofortige Freilassung aller inhaftierten Demonstranten.

Versagen beim Schutz von Minderheiten

Nach den Unruhen leitete die Polizei mehrere Verfahren wegen Mordes, Brandstiftung und Behinderung staatlicher Aufgaben ein – insgesamt gegen über 1’100 bislang Unbekannte.

Die «Christian Conference of Asia» verurteilte die tödlichen Auseinandersetzungen und forderte die Regierung Bangladeschs auf, Sicherheit und Schutz ethnischer und religiöser Minderheiten zu gewährleisten. Die Organisation wies darauf hin, dass bei den Angriffen Häuser, Geschäfte und Gotteshäuser indigener Gemeinschaften zerstört worden seien.

«Transparency» empört, wachsende UN-Besorgnis

Auch Transparency International Bangladesh (TIB) äusserte Empörung über die Ereignisse. TIB kritisierte, dass die militärisch dominierte Verwaltung die Angriffe nicht verhindert habe, und forderte eine umfassende gerichtliche Untersuchung sowie Bestrafung der Verantwortlichen.

Auf der 60. Sitzung des UN-Menschenrechtsrats in Genf (8. September bis 8. Oktober 2025) äusserten mehrere Redner ihre Besorgnis über die zunehmenden Angriffe auf ethnische und religiöse Minderheiten in Bangladesch.

Suhas Chakma, Direktor der im indischen Neu-Delhi ansässigen «Rights and Risks Analysis Group», erklärte, die bangladeschische Armee habe wahllos auf Demonstranten geschossen, die Gerechtigkeit im Vergewaltigungsfall vom 23. September forderten; dabei seien drei indigene Menschen getötet und Dutzende verletzt worden.

«Ziel waren die Indigenen»

Charlotte Zehrer, UN-EU-Menschenrechtsbeauftragte bei «Global Human Rights Defence», berichtete von über 2’400 Gewalttaten gegen Minderheiten im vergangenen Jahr. Besonders betroffen seien indigene Völker in den Chittagong Hill Tracts sowie hinduistische und christliche Gemeinschaften im ganzen Land.

Nila Pada Chakma, Koordinator der «Bangladesh Bible Society», sagte: «Die Angreifer machten keinen Unterschied zwischen Religionen oder Ethnien. Ihr Ziel waren die Indigenen – egal, ob Buddhisten, Hindus oder Christen.»

«Alles ist ungewiss»

Für viele Christen in Bangladesch – dem Land mit der weltweit viertgrössten muslimischen Bevölkerung (Indonesien 242 Millionen, Pakistan 233 Millionen, Indien 200 Millionen und Bangladesch 150 Millionen; zusammengerechnet rund 44 Prozent der weltweiten muslimischen Bevölkerung) – hat die Gewalt von Khagrachhari das Gefühl von Angst und Verlassenheit weiter verstärkt.

Kirchenvertreter sagen, die Angriffe – verbunden mit jahrelanger Diskriminierung und politischer Unsicherheit – hätten das Vertrauen der Minderheiten tief erschüttert. «Wir sind sehr hoffnungslos angesichts der derzeitigen Lage im Land», sagte Martha Das. «Alles ist ungewiss – wir müssen abwarten, was die Wahlen im Februar 2026 bringen.»

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Datum: 15.10.2025
Autor: Surinder Lal / Daniel Gerber
Quelle: Christian Daily International / gekürzte Übersetzung: Livenet

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