Irak: Kirchen öffnen wieder

«Jeder Glockenschlag ruft die Zukunft!»

Die Kirche des Heiligen Thomas nach der Restaurierung
Zwei historische Kirchen in der irakischen Stadt Mossul sind nach jahrelanger Restaurierung feierlich wiedereröffnet worden. Dies fast ein Jahrzehnt nach ihrer Zerstörung während der Besatzung durch den Islamischen Staat IS.

Die Region trägt ein reichhaltiges, biblisches Erbe in sich, die Ruinen der antiken assyrischen Stadt Ninive liegen ganz in der Nähe. Nun ereignete sich hier in Mossul ein seltener Moment der Hoffnung für die schrumpfende christliche Gemeinschaft der Region: Kürzlich versammelten sich Einheimische, Geistliche und internationale Vertreter, um die syrisch-orthodoxe «Kirche des Heiligen Thomas» aus dem 7. Jahrhundert sowie die chaldäisch-katholische «Al-Tahira-Kirche» feierlich zu eröffnen.

Fadi, ein 27-jähriger Christ aus Mossul, der drei Jahre lang an der Restaurierung mitgearbeitet hatte, sagte gegenüber «Vatican News», die Wiedereröffnung sei «ein Zeichen der Hoffnung» für Vertriebene: «Sie zeigt den Christen im Ausland, dass sich die Lage hier verbessert hat, dass sie in ihre Heimat zurückkehren können.»

Als Gefängnis missbraucht

Beide Kirchen liegen in der Altstadt von Mossul, die zwischen 2014 und 2017 unter der Kontrolle des IS stand. In dieser Zeit wurde die «Kirche des Heiligen Thomas» als Gefängnis missbraucht, während die «Al-Tahira-Kirche» bombardiert und weitgehend zerstört wurde.

Die Restaurierungsarbeiten begannen 2022 im Rahmen einer breiteren Initiative zur Wiederbelebung kultureller Wahrzeichen in ehemaligen Konfliktgebieten. Geleitet wurde das Projekt von der internationalen «Aliph-Stiftung», die sich dem Schutz von Kulturerbe verschrieben hat. Dies in Zusammenarbeit mit der irakischen «Behörde für Altertümer und Kulturerbe».

Die tägliche Arbeit koordinierte das in Paris ansässige katholische Hilfswerk «L’Œuvre d’Orient» unter der fachlichen Aufsicht des französischen «Nationalinstituts für Kulturerbe».

«Mehr als Steine»

Einst stellten Christen rund 14 Prozent der Bevölkerung Mossuls, heute leben dort laut der katholischen Nachrichtenagentur «Zenit» weniger als 60 christliche Familien – in einer Stadt mit fast zwei Millionen Einwohnern.

«Diese Kirchen sind mehr als Steine, sie sind das Gedächtnis von Glaube, Geschichte und Gemeinschaft», sagte Erzbischof Najeeb Michael Moussa, chaldäischer Bischof von Mossul, nach der Zeremonie.

Die Restaurierung zeige, «dass der Glaube verwundet, aber nicht ausgelöscht werden kann» und dass jeder Glockenschlag «nicht nur die Gläubigen, sondern auch die Zukunft ruft».

Minen und Sprengkörper beseitigen

Die Kirche des Heiligen Thomas vor der Restaurierung

Bevor der Wiederaufbau beginnen konnte, mussten Spezialteams Minen und Sprengkörper beseitigen. Zu den behutsam rekonstruierten Elementen zählt das Alabasterportal aus dem 13. Jahrhundert der Thomaskirche, gefertigt aus dem lokalen Marmor «Farsh» und verziert mit Reliefs von Jesus und den zwölf Aposteln.

Die Glocken, gegossen in der traditionsreichen Giesserei Cornille Havard in der Normandie – derselben, die auch die Glocken von Notre-Dame de Paris restaurierte –, erklingen nun wieder über Mossul. Auf ihnen sind Inschriften zu lesen wie: «Die Wahrheit wird euch frei machen» und «Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch».

Patriarch Louis Raphaël Sako, Oberhaupt der chaldäischen Kirche des Irak, leitete die Zeremonie in der «Al-Tahira»-Kirche. Er betonte, die Wiedereröffnung gehe «über das Wiederherstellen von Steinen hinaus», sie bedeute «die Wiederherstellung von Vertrauen, eine Botschaft des Friedens und der Hoffnung für die Menschen in Mossul und im ganzen Irak».

Hier rastete möglicherweise Thomas

Die «Mar-Toma-Kirche» soll an jener Stelle errichtet worden sein, an der der Apostel Thomas auf seiner Reise nach Indien Rast machte. Die «Al-Tahira-Kirche» wiederum erinnert an eine Marienerscheinung, die der Überlieferung zufolge die Stadt 1743 vor einem persischen Angriff bewahrte.

Beide Kirchen galten lange als Orte der Einheit zwischen Christen und Muslimen in Mossul. Der Wiederaufbau war Teil des Projekts «Mosul Mosaic» der erwähnten «Aliph»-Stiftung, das auf die Wiederherstellung kultureller Wahrzeichen in Kriegsgebieten abzielt.

Zum Thema:
Zehn Jahre nach ISIS: Irakische Christen bauen ihr Leben wieder auf
Einsatz für neue Generation: Sind Christen im Irak zum Verschwinden verurteilt?
Hoffnung kehrt zurück: Das Christentum lebt wieder im Irak

Datum: 23.10.2025
Autor: Anugrah Kumar / Daniel Gerber
Quelle: Christian Today / gekürzte Übersetzung: Livenet

Publireportage
Werbung
Livenet Service
Werbung