Lepsiushaus wird eröffnet

Jetzt kann der «Schutzengel der Armenier» erforscht werden

Der «Schutzengel der Armenier» wurde Johannes Lepsius genannt. Als die Türkei im Schatten des ersten Weltkrieges einen Völkermord an Armeniern, Assyrern und anderen Minderheiten verübten, errichtete Lepsius mehrere Hilfsstationen ein. Seine Geschichte und jene der Armenier kann nun im Lepsiushaus erforscht werden.
Das Lepsius-Haus in Potsdam.

Nun scheint der Streit beigelegt. Noch vor einigen Jahren versuchte die türkische Seite massiv, das Potsdamer Lepsiushaus zu verhindern. Der Aufbau einer Begegnungs- und Forschungsstätte zum Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich und zum Wirken des evangelischen Pfarrers Johannes Lepsius (1858-1926) ist ohne grosses Aufsehen zum Ziel gelangt: Zwölf Jahre nach Beginn der Planungen wird das Haus anfangs Mai 2011 eröffnet.

Er rettete Tausende

Johannes Lepsius hatte als Reaktion auf die Massaker 1894 bis 1896 das «Armenische Hilfswerk» gegründet. In Deutschland brachte er das Thema auf den Tisch und in der Türkei, im heutigen Iran sowie in Bulgarien eröffnete er mehrere Hilfsstationen. Während dem Völkermord kamen weitere Neuansiedlungen und Waisenhäuser hinzu. Durch die Arbeit von Lepsius wurden mehrere tausend Menschen gerettet. Sein Verdienst wurde sowohl in Armenien wie auch in Deutschland geschätzt; weniger aber von der Türkei.
«Wir freuen uns, dass wir jetzt so weit sind», sagt der frühere evangelische Generalsuperintendent von Potsdam und Vorstand des Lepsiushaus-Vereins, Hans-Ulrich Schulz. Denn auf dem langen Weg zur Eröffnung der Forschungseinrichtung im einstigen Wohnhaus von Johannes Lepsius mussten einige Hürden überwunden werden. Von dort aus hatte der Theologe während des Genozids an bis zu 1,5 Millionen Armeniern im Ersten Weltkrieg auch sein Hilfswerk für die christliche Minderheit geleitet.

«Nie dagewesen»

All das ist nun Vergangenheit. Und der Geschäftsführer des Lepsiushaus-Vereins, Peter Leinemann, sprüht vor Begeisterung: Eine Ausstellung dokumentiert nun die Geschichte der Armenier, ihre Kultur, ihre Verfolgung, den Völkermord ab 1915 und die internationalen Hilfsbemühungen.

Einen Konferenzraum hat das Haus bekommen, eine Bibliothek, einen Arbeitsbereich für Wissenschaftler. Die Familiengeschichte von Lepsius, seine Biografie und das Engagement seiner Mitstreiter werden vorgestellt. «Er war ein grosses Organisationstalent eines bis dahin nicht dagewesenen Hilfswerks mit humanitärem Charakter», sagt Schulz dazu.

Türkei leugnet

Auch die offizielle Sicht der Türkei auf den Völkermord, die den Genozid weitgehend leugnet, hat Eingang in die Dokumentation gefunden. «Das ist eine wichtige Ergänzung», sagt Leinemann. «Wir fanden es wichtig, auch Positionen aus der Türkei aufzunehmen.» Und ergänzt: «Zum Versuch der Verständigung gehört auch, den anderen zuzuhören.» Das Lepsiushaus stelle den Völkermord selbstverständlich «ganz klar» als solchen dar, betont der Geschäftsführer.

Datum: 29.04.2011

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