Steve Thompson

Was soll Prophetie?

Am Levitencamp in Wiesendangen bei Winterthur wird auch Steve Thompson mitwirken. Der US-Amerikaner gehört zu den bekannten christlichen Lehrern auf einem Feld, das manche nicht beackern mögen: Prophetie. Im Gespräch mit Livenet erläutert Thompson, warum Prophetie für die christliche Gemeinde wichtig ist.
Steve Thompson

Livenet: Steve Thompson, Sie unterrichten und beraten Christen, die sich von Gott prophetisch brauchen lassen wollen. Wie sehen Sie die Bedeutung von Prophetie für die christliche Gemeinde?
Steve Thompson: Prophetie ist wichtig. Der Apostel Paulus sagt, dass wir nach geistlichen Gaben streben sollen – und besonders nach Prophetie. Er nennt sie die beste Gabe, weil sie die Gemeinde aufbaut. Viele verstehen Prophetie als Reden über die Zukunft, politische Ereignisse – oder dass jemand aufsteht und mit harschen Worten die Gemeinde zurechtweist.

Paulus aber macht klar, dass die Gabe darin besteht, das auszudrücken, was im Herzen eines anderen Menschen verborgen ist. In 1. Korinther 14,24-25 sagt Paulus über die Christen im Gottesdienst: „Wenn sie alle prophetisch redeten und es käme ein Ungläubiger oder Unkundiger hinein, würde der von allen geprüft und von allen überführt; was in seinem Herzen verborgen ist, würde offenbar…“

So sehe ich Prophetie als Schlüssel für die Evangelisation, weil sie in Menschen hineinsieht und in ihr Leben hineinzusprechen vermag – Offenbarung, die nur Gott uns mitteilen konnte. Dies bringt viele Menschen zu Jesus. Prophetie ist ein kraftvolles Werkzeug. An der Stelle, die ich erwähnte, sagt Paulus, dass als Resultat von Prophetie Menschen, die nicht an Jesus glaubten, ihr Leben ihm anvertrauen.

Paulus sagte: Ihr könnt alle prophezeien. Nun gibt es keine andere Stelle, die so allgemein formuliert: „Wenn ihr alle das tut, wird dies das Ergebnis sein.“ Daher verstehe ich Prophetie als etwas, was allen Christen gegeben ist.

Sie wirken darauf hin, dass möglichst viele Christen prophetische Gaben entdecken und brauchen?
Ja. Es gibt viele verschiedene Arten von prophetischem Dienst. Manche Propheten werden beauftragt, zu Staatsmännern oder Managern zu reden und ihnen Weisheit und Einsicht zu geben. Im Alten Testament hatten die Könige von Israel Propheten, die sie berieten. Heute weiss man wenig davon, weil das Meiste im Verborgenen geschieht. Aber es gibt prophetische Stimmen an Herrscher und Politiker, um ihnen weises und gerechtes Regieren aufzuzeigen.

Dann gibt es Dienste für den Aufbau der Kirche. Meine Berufung ist, Gläubigen zu helfen, dass sie realisieren, wie Gott zu ihnen spricht. Und er spricht auf viele Arten.

Zum Beispiel?
Gemäss 4. Mose 12,6 und Hiob 33,14-16 spricht Gott in Visionen, Träumen und sogenannten dunklen Mitteilungen, das heisst in Rätseln, die nicht leicht zu verstehen sind. Er legt Eindrücke, Gedanken und Ideen in unser Herz und in unser Bewusstsein – Dinge, die nicht von uns stammen, sondern von seinem Geist in uns hinein kommen. Er bringt uns Bibelstellen in neuer Weise zum Bewusstsein oder erinnert an Früheres. Jesus versprach den Jüngern, dass der Heilige Geist sie an das erinnern würde, was er ihnen gesagt hatte.

Wenn wir lernen zu erkennen, wie Gott zu uns über andere Menschen spricht, dann beginnen wir wirklich prophetisch zu wirken. Wir merken, wenn der Herr uns Information oder eine Ermutigung für andere Menschen gibt. Wenn wir es ihnen mitteilen, sind sie erstaunt. Und sie müssen dann nicht nur intellektuell entscheiden, ob Gott existiert oder nicht. Sie haben eine Begegnung mit ihm, indem er ihnen seine übernatürliche Kraft zeigt.

Beim Weitergeben von solchen Aussagen wird Autorität ausgeübt. Man empfindet, dass Propheten mit einem ungeheuren Mass an Autorität sprechen. „So spricht der Herr“: Mit solchen Formeln haben viele Leute Mühe.
Das kann man verstehen. Ich denke, dass man die Ebene von Autorität, auf der Propheten reden, falsch eingeschätzt hat. Als würde mit einer prophetischen Aussage ein Auftrag oder ein absoluter Befehl gegeben, dem man nachleben muss. Aber da wird die Bibel missverstanden. Denn Paulus sagt in 1. Korinther 14,29: „Von den Propheten lasst zwei oder drei reden, und die andern lasst darüber urteilen.“

Paulus unterstreicht an anderen Stellen, dass Christus das Haupt jedes Christen ist. Nach seinem Wort leben wir, nicht nach der Weisung von Mitchristen. Ich denke, Gott gibt uns prophetische Gaben, damit wir einander dienen können.

Wenn wir prophetisch sprechen, dann nicht, um etwas aufzudrängen oder zu befehlen, sondern um anzubieten. Wir legen dar, was nach unserem Eindruck Gott der betreffenden Person sagt. Und sie ist dann dafür verantwortlich, wie sie das Wort prüft, einschätzt und aufnimmt. Sie trifft ihre Entscheidung.

Wir haben im Westen eine individualistische Gesellschaft. Sollte Prophetie nicht beschränkt werden auf Versammlungen der Gemeinde? Davon redet doch Paulus: dass die Gemeinde sich trifft und die Propheten mit denen versammelt sind, die ihre Aussagen prüfen.
Ich denke, man kann das nicht so begrenzen. Johannes sagt in seinem ersten Brief (2,27): „Ihr habt es nicht nötig, dass euch jemand lehrt; sondern, wie euch seine Salbung alles lehrt, so ist’s wahr.“ Jeder Christ hat den Heiligen Geist, und wir haben Zugang zur Schrift. So können wir bewerten, was uns gesagt wird. Aber wir können auch weggehen und beim Pastor oder einem Freund Rat einholen.

Prophetie war auch bei Jesus nicht nur für die Gemeinde bestimmt. Er sprach prophetisch zur Frau am Brunnen (Johannes 4). Auf dem Schiff, das ihn nach Italien bringen sollte, sprach Paulus prophetisch zum Kapitän (Apostelgeschichte 27). Gott hatte ihm gezeigt, dass das Schiff in Seenot geraten würde, und er teilte dies dem Kapitän mit.

Wie alles, was Gott uns gibt, ist Prophetie nicht nur für die Gemeinde bestimmt. Die Gemeinde soll sie in die Welt tragen.

Fortsetzung folgt.

Datum: 12.06.2005
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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