Mehr streiten ...

... damit die Welt friedlicher wird

Die Reformation ist schon Tradition geworden. Nun müsste wieder neu um die Zukunft der Kirche gestritten werden, meinen leitende Mennoniten in ihrer Zeitschrift Perspektive. Alte Zöpfe müssten abgeschnitten werden. Hier einige Forderungen der Täufer.
Zwei Männer beim Streiten (Symbolbild)
Jürg Bräker
Heike Geist, Dozentin am Theologischen Seminar Bienenberg
Peter Rickhaus

Gemeinsame Überzeugungen über die Zukunft der Kirche sind möglich, indem über die Unterschiede gestritten wird. Dies betonte der Generalsekretär der Konferenz der Mennoniten, Jürg Bräker, beim Jubiläumsanlass 500 Jahre Reformation in Zürich.

«Ich wünsche mir, sie hätten noch länger gestritten und einander zugehört, bevor sie endgültige Entscheidungen trafen», sagte Bräker mit Blick auf die Disputationen vor 500 Jahren. «Dass die neuen Erkenntnisse dann hart durchgesetzt wurden, bekamen damals die Täufer zu spüren. Aus der Verfolgung heraus hätten sie die Überzeugung gewonnen, dass die Wahrheit sich selbst Raum verschafft, wenn sie glaubwürdig gelebt und bezahlt wird.»

Raum für Menschen am Rand

Dass die aus ihrer Geschichte gewonnene Friedenstheologie heute hoch aktuell ist, sind auch andere Exponenten der Schweizer Mennoniten überzeugt. «Wie können wir als Schweizer Täufer eine neue Friedenstheologie leben, die Raum für Menschen am Rand hat, wie zum Beispiel Obdachlose, allein Erziehende, sexuell anders ausgerichtete Glaubensgeschwister, Flüchtlinge …?», fragt zum Beispiel Heidi Sägesser von der Mennonitengemeinde Schänzli in Pratteln.

Gewaltlose Versöhnung der Welt

Heike Geist, Dozentin am Theologischen Seminar Bienenberg, weist auf den Fundus der Mennoniten hin, der für die ganz Kirche fruchtbar werden könnte: «Als Erben der radikalen Reformation könnten wir wichtige Aspekte in die Jubiläen einbringen und uns damit zumuten: Themen wie Glaubens- und Religionsfreiheit, Taufe als Bekenntnis, Gemeinde als Weggemeinschaft in der Nachfolge Jesu, Gewaltfreiheit, als Teil des Wesens der Kirche. Ausserdem könnten wir neue Begeisterung für das wecken, was uns als Täufer und Mennoniten ausmacht und was diese friedlose Welt gut gebrauchen kann, zum Beispiel unsere Erfahrungen zu gewaltfreien Versöhnung in der Welt.»

Andern ihren Raum lassen

Therese Geiser von der Mennonitengemeinde Brugg, hat von der Jubiläumsfeier zur Reformation in Zürich denn auch den Gedanken mitgenommen, dass für Mennoniten das Worte Jesu, «die andere Backe hinzuhalten, wenn dich einer schlägt», nicht Kapitulation bedeutet, sondern «weder schlagen noch zurückschlagen, sondern stehen bleiben und der Spirale der Gewalt nicht freien Lauf lassen.» Dies bedeute aber auch, andern Raum zur Entfaltung zu geben und selbst loslassen zu können.

Eine Zukunfts-Spiritualität entwickeln

Peter Rickhaus vom Täuferischen Forum für Friede und Gerechtigkeit stellt den grassierenden Pessimismus angesichts der sich verändernden gesellschaftlichen Realitäten in Frage: «Begegnen wir ihnen mit apokalyptischer Angst oder mit kluger Skepsis? Weil in der Vergangenheit gesellschaftliche Umbrüche von den Gemeinden vehement abgelehnt wurden, fühlten sich viele Menschen von frommen Christen nicht verstanden ...». Er plädiert daher dafür, «eine Sensibilität für die Lebensrealität unsere Kinder zu entwickeln und mit ihnen zusammen eine Spiritualität zu entwickeln, die in einer gänzlich veränderten Welt Barmherzigkeit und Gotteserfahrungen ermöglicht.»

Zur Webseite:
Evangelische Mennoniten-Gemeinde (Alttäufer) - Brugg
Wer sind die Mennoniten?

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Datum: 09.04.2017
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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