Im Gespräch mit Muslimen

Die wichtigen Themen nicht verpassen

Der Dialog mit dem Islam wird von christlicher Seite aus oft zu defensiv geführt. Davon geht jedenfalls der Theologe und Ethiker Ulrich Eibach aus. Er beschreibt daher die Themen, die im Gespräch mit Muslimen aufs Tapet gehören.
Ulrich Eibach, Professor für Systematische Theologie und Ethik an der Universität Bonn.

Im Dialog mit dem Islam sollten beide Seiten davon ausgehen, dass in ihrer Religion die Wahrheit liegt, betont Ulrich Eibach, Professor für Systematische Theologie und Ethik an der Universität Bonn. «Denn Muslime nehmen Partner nicht ernst, die die Wahrheit ihres Glaubens nicht mehr ernsthaft vertreten.»

Die Wahrheit für alle Menschen

In einem Aufsatz für das Institut für Demografie, Allgemeinwohl und Familie (iDAF) setzt er als Grundlage voraus: «Das Christentum breitete sich in einer religiös pluralistischen Umwelt durch eine Mission aus, die das Evangelium von Jesus Christus als die Wahrheit für alle Menschen bezeugte.» Diese Botschaft hat sich durch das Lebenszeugnis von Menschen ausgebreitet, die bereit waren, auch Leiden und Martyrium dafür in Kauf zu nehmen. Darin unterscheidet sich die Ausbreitung des Christentums grundsätzlich von derjenigen des Islam, die schon bald mit dem Schwert erfolgte.

Der Christus

Für Christen ist die Gegenwart Gottes in Jesus Christus, die Fleischwerdung Gottes, ein Kernpunkt des Glaubens. Und Gott selbst litt in seinem Sohn an der Sünde der Menschen. Darin zeigte sich seine Liebe zu den Menschen. Für Muslime sind das völlig unbekannte Gedanken, denn Gott kann aus ihrer Sicht nicht leiden. Sie müssen aber ins Gespräch gebracht werden.

Die Dreieinigkeit Gottes

Sie wird von Muslimen immer wieder als Argument gegen die Christen ins Spiel gebracht, weil sie diese als Vielgötterei missverstehen. Es gilt hier zu verstehen, dass die Gottesssohnschaft Jesu auch die Liebe und Treue des Vaters zu den Menschen bedeutet. Christen dürfen Gott als «Vater» anreden, was die innige Beziehung zwischen Gott und Menschen ausdrückt. Und diese Beziehung oder Gegenwart Gottes ist nur durch den Heiligen Geist möglich. Gott ist ein verlässlicher, gegenwärtiger und treuer Gott. Das unterscheidet ihn vom Gottesbild des Islam, der einen distanzierten Gott predigt, fundamental.

Geistliche und weltliche Macht

Eibach betont: «Der Islam kennt keine grundlegende Unterscheidung von geistlicher und weltlicher Macht, Kirche und Staat, Religion und Politik. Auch wenn die meisten 'Kalifate' recht weltliche Herrschaftsformen und keinen Gottesstaat auf Erden darstellten, gab es doch keine wirkliche Unterscheidung zwischen profaner und religiöser Welt, keine Pluralität und Gleichberechtigung der Religionen, keine wirkliche Religionsfreiheit, vor allem kein Recht auf Abkehr vom Islam, wohl aber – vor allem gegenwärtig – zahlreiche Versuche, die religiös-ethischen Vorschriften des Koran und der Scharia zur massgeblichen Grundlage staatlichen Rechts zu machen.»

Gesetzesreligion und Kreuzestheologie

Mohammed und seine Nachfolger haben die strenge Gesetzesreligion des damaligen Judentums noch verschärft. Dagegen setzt das Neue Testament auf Gerechtigkeit allein durch den Glauben (Die Bibel, Römerbrief, Kapitel 3, Vers 28). Das Erlösungswerk Christi ist Voraussetzung für die Auferstehung der Toten. Dagegen kann im Islam das Heil nur durch strikte Beachtung der Gesetze des Koran und der Scharia erlangt werden. Während den Christen eine ewige Gemeinschaft mit Gott verheissen ist, warten Muslime auf ein Paradies, in dem Allah selbst nicht anwesend ist.

Die Gottesbilder

Der Ausspruch «Wir glauben doch an denselben Gott» setzt voraus, dass damit gemeint ist, dass es nur einen einzigen Gott, aber viele Gottesbilder gibt. Allah der Muslime trägt gegenüber dem christlichen Gott fundamental andere Züge. Allah ist ein strenger, richtender und distanzierter Gott, der absoluten Gehorsam und Hingabe verlangt. Im Gegensatz zum Gott der Christen, dessen Wesen Liebe ist und der die Beziehung zu den Menschen sucht und sie in Jesus herstellt.

Kirche soll auch im Dialog missionarisch sein

Nicht nur Muslime, sondern auch Christen sollen im Gespräch die Absicht haben, die Gegenseite von ihrem Glauben zu überzeugen, so Eibach. Denn: «Diesen Menschen die Hilfe zum Verstehen des christlichen Glaubens und die Einladung zum Glauben vorzuenthalten, ist nicht ernsthaft zu rechtfertigen. ... Das gilt insbesondere auch, weil wir in unserem Kulturkreis davon ausgehen, dass Menschen die möglichst freie Wahl haben sollen, ihren Glauben (Religion) selbst zu bestimmen.»

Zur Begründung schreibt Eibach: «Der These, dass ein missionarisches Zeugnis unter Muslimen den gesellschaftlichen Frieden bedroht, ist daher entschieden zu widersprechen. Wenn ein Dialog unter Einschluss des missionarischen Zeugnisses und widersprechender Glaubensaussagen nicht möglich sein sollte, dann hilft auch der Verzicht auf den Wahrheitsanspruch und das Verschweigen fundamentaler Verschiedenheiten nicht weiter. Auf diese Weise leisten die Kirchen jedenfalls keinen wirklichen Beitrag zum gesellschaftlichen Frieden.»

Zum Thema:
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Datum: 26.09.2016
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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