«Zwischen Glaube und Zwang»

Siebenten-Tags-Adventisten im Fokus bei Berner Fernsehsender

Die Redaktion des privaten Regionalfernsehsenders «Telebärn» hat sich in einer Kurzserie mit den Siebenten-Tags-Adventisten beschäftigt. Sie sprach mit ehemaligen Anhängern, einem Sektenexperten und dem Mediensprecher der Adventisten. Insgesamt rückte Telebärn die
Adventisten-Mediensprecher Herbert Bodenmann im Gespräch mit Telebärn
Kurzserie von Telebärn über die Adventisten

Gemeinschaft in ein schlechtes Licht.Journalisten scheinen bei der Berichterstattung über christliche Gemeinschaften den natürlichen Drang zu verspüren, einen möglichst kritischen Ton anzuschlagen. Dies bestätigt sich auch im Fall der Kurzserie «Zwischen Glaube und Zwang» auf Telebärn. Redaktor Maurus Spahni beginnt seine vierteilige Serie mit drei ehemaligen Adventisten, die über ihren Ausstieg aus der Gemeinschaft berichten. 

Breite Front an Vorwürfen, wenig Möglichkeit zur Stellungnahme

Redaktor Maurus Spahni beginnt seine vierteilige Reportage mit drei ehemaligen Adventisten, die sehr emotional über ihren Ausstieg aus der Gemeinschaft berichten. Miriam Müller fand Gott bei den Siebenten-Tags-Adventisten nicht oder nicht mehr, wie sie vor der Kamera erklärt. «Die Adventisten predigen Liebe und Gerechtigkeit, aber leben dies nicht.» Zwei andere Aussteiger berichten, wie schwer es war, sich von der Weltanschauung der Adventisten loszusagen. Es sei «ein Schock gewesen», man habe «den Boden unter den Füssen verloren». Unterstützung erhalten die Betroffenen von Sektenexperte Hugo Stamm. Ein Ausstieg sei sehr sehr schwer, betont dieser: «Weil die Indoktrination so scharf war, kommen diese Menschen in einen enormen Zwiespalt mit Angstzuständen. Auch die Gefahr eines Suizids ist gegeben», gibt Stamm zu Protokoll.

Herbert Bodenmann, Mediensprecher der Siebenten-Tags-Adventisten in der Schweiz, hatte keine Möglichkeit, in der Sendung zu diesen konkreten Vorwürfen Stellung zu nehmen, tat dies jedoch auf der Webseite der Freikirche: «Das Verlassen einer Religionsgemeinschaft, in der man auch sozial integriert war, ist für niemanden eine einfache Angelegenheit. Das ist ein Faktum, das auch aus anderen Loslösungsprozessen bekannt ist. Je enger der Kontakt war, desto schmerzvoller ist die Ablösung. Adventisten grenzen aber Ex-Adventisten nicht aus, wie dies angedeutet wurde. Sie akzeptieren aber, wenn Ex-Adventisten keinen Kontakt mehr wollen.»

Mediensprecher Bodenmann: «Das ist unseriös»

Was Bodenmann besonders empört, sind Hugo Stamms Aussagen bezüglich «Indoktrination» und «Gefahr eines Suizids». «Welche Fakten hat Stamm?», fragt der Mediensprecher. «Er müsste solche Aussagen präzisieren und sagen, dass dies bei Aussteigern aus extremen Gruppierungen im Generellen beobachtet worden sei, er aber von Ex-Adventisten, die sich aufgrund einer Ausstiegsproblematik suizidierten oder einen Suizidversuch unternommen hätten, keine Kenntnis habe. Erkenntnisse, die er von Aussteigern aus extremen religiösen Gruppierungen hat, sollte er nicht unbesehen einfach auf Adventisten übertragen, das ist unseriös.»

Diese Aussagen von Hugo Stamm würden die Kirche der Adventisten bei uninformierten Zuschauern – was die überwiegende Mehrheit ist – in die Kategorie einer extremen religiösen Gruppierung positionieren, was die Adventisten keineswegs seien. «Wir arbeiten in der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in der Schweiz, mit den Landeskirchen und weiteren Kirchen im Gaststatus zusammen.»

Hohe Erwartung kann Druck erzeugen

Eine Problematik, die im Beitrag wohl zurecht angesprochen wurde, ist jene der hohen Ansprüche an die Lebensführung der Adventisten. Eine Aussteigerin beschreibt es als grossen Druck, ja sogar als Angst, mit der sie zu kämpfen hatte. «Genüge ich? Schaffe ich es je, perfekt zu sein, wie sie es eigentlich erwarten?» Herbert Bodenmann räumt in der Telebärn-Reportage ein, dass diese Problematik bekannt sei: «Wir wissen um die Problematik und versuchen deshalb auch mehr zu betonen, dass Gott uns bedingungslos annimmt und nicht droht.»

Sekte oder nicht?

Die Sektenfrage sparte sich Fernsehjournalist Maurus Spahni für den vierten und letzten Teil seiner Adventisten-Reportage auf und kommt zum Schluss, dass der Endzeitglaube und die autoritäre Kirchenleitung die Siebenten-Tags-Adventisten durchaus als Sekte erscheinen liessen. Sektenexperte Hugo Stamm sieht durchaus «sektenhafte Aspekte».

Mediensprecher Herbert Bodenmann geht in seinem Blog auch auf diese Vorwürfe ein und verweist auf Stellungnahmen von Dachorganisationen wie dem Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund SEK. Der Ökumene-Beauftragte des SEK, Dr. theol. Heinz Rüegger, hatte bereits 1994 geschrieben: «Als Kirchenbund halten wir daran fest, in den Adventisten nicht einer Sekte, sondern einer freikirchlich strukturierten Schwesterkirche zu begegnen.»

Zur Kurzserie von Telebärn:
Siebenten-Tags-Adventisten

Zum Thema:
Die Sektenfrage: Sind Freikirchen Sekten?
Keine versteckte Agenda: Wann wird der Glaube manipulativ?

Unfaire Attacke auf Kuno & Co.: Blick und Infosekta stellen evangelische Kirchen Sekten gleich

Datum: 07.10.2017
Autor: Florian Wüthrich
Quelle: Livenet

Werbung
Livenet Service
Werbung