Kolumbianische Forscherin

Biosprit gefährdet Umwelt und Mensch

Eine kolumbianische Politologin schlägt Alarm. In Kolumbien seien fünf Millionen Hektar im Besitz weniger Agrosprit-Unternehmer, die es besonders auf die ertragreichsten Böden abgesehen hätten. Agrotreibstoffe aus Palmöl oder Zuckerrohr würden aber die Umwelt gefährden und brächten zahlreiche soziale Probleme mit sich.
In diesem Tank wird Rapsöl gebunkert. Bald könnte es aber auch kolumbianischer Biosprit sein –billig produziert, aber mit Nachteilen behaftet

Paula Alvarez Roa, kolumbianische Expertin für Organisationen im Bereich Umwelt und ländlicher Raum bei der Menschenrechtsorganisation NGO (Grupo Semillas), betonte dies während einem Österreich-Besuch gegenüber pressetext.austria. Bisher würden die Agrotreibstoffe erst den nationalen Markt Kolumbiens versorgen. Zehn Prozent Biosprit würden in den Benzin beigemischt. Dieses Ziel peile nun auch die EU bis 2020 an. Angetrieben von der weltweit steigenden Nachfrage und internationalen Subventionen, will Kolumbien gemäss Alvarez Biosprit in Zukunft in großem Stil exportieren, was aktuell eine rasante Zunahme der Energie-Monokulturen bedeute.

Kolumbiens Palmöl werde derzeit zu Kochöl, Margarine und Seife verarbeitet, für die Zukunft steuere man jedoch ein stärkeres Augenmerk auf die Erzeugung von Biodiesel an. Einen anderen biogenen Treibstoff gewinne man schon jetzt aus dem Zuckerrohr, das zu Ethanol verarbeitet werden könne.

Die Arbeiter machen «Zweite»

Die Situation der Arbeiter auf den Zuckerrohr-Plantagen liegt der Politologin besonders am Herzen. Die Gewinne der Branche würden nicht an sie weitergegeben, vielmehr müsse bei 14 Arbeitsstunden pro Tag und Niedriglohn von einer hohen Ausbeutung gesprochen werden. Die Arbeiter würden in Arbeitskooperativen ausgegliedert, die ihnen auch Sozialleistungen verwehrten. Bei der Verbrennung des grünen Zuckerrohrs werde das Saccharose-Produkt konzentriert und verliere ein Drittel seines Gewichtes. Da sich der Gehalt nach dem Produktgewicht richte, könne dadurch sowohl beim Transport wie auch bei der Arbeitskraft gespart werden. Die durch die Verbrennung erzeugten Abgase sorgten dafür, dass in den Plantagenregionen die meisten Atemwegserkrankungen zu registrieren seien.

Soziale und ökologische Katastrophe

Alvarez wies im Interview auf die hohen sozialen Kosten dieser Entwicklung hin. In Kolumbien gebe es aufgrund des seit über vier Jahrzehnten anhaltenden Konflikts vier Millionen vertriebene Menschen im eigenen Land ohne echte Lebensgrundlage. Zudem steige der Druck auf die Bauern, ihre Gebiete aufzugeben oder Zuckerrohr und Palmen statt Lebensmittel anzubauen. «Wir glauben, dass durch den zunehmenden Anbau von Biotreibstoffen die Konflikte rund um den Landbesitz verschärft wurden, was auch zu einem Anstieg der Gewalt geführt hat», so Alvarez.

Auch für die Umwelt sei der agroindustrielle Anbau von Palme und Zuckerrohr schädlich. Es seien sehr wasserintensive Pflanzen. Ein Hektar Palmen oder Zuckerrohr benötige jährlich über 10 000 Kubikmeter Wasser, rund dreimal mehr als Tomate und Mais. Wasser sei aber in Kolumbien zunehmend Mangelware, was soziale Konflikte herbeiführen könne. Der Monokultur-Anbau erfordere einen hohen Einsatz von Pestiziden, die die Böden langfristig belasten. Die Zerstörung des Regenwaldes zugunsten der Plantagen bedeute zudem einen Verlust an Biodiversität.

Globales Umdenken nötig

Als einzigen Ausweg sieht Alvarez ein globales Umdenken weg von Biotreibstoffen. Es brauche mehr Bewusstsein dafür, wie problematisch diese Energieform für die Anbauländer und schließlich auch für den gesamten Planeten sei. Alvarez fordert dazu auf, andere Formen der Energieerzeugung zu fördern, da dies sowohl günstiger als auch nachhaltiger sei.Quelle: pressetext.austria

Datum: 08.04.2010

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