Organe spenden

Hilfsbereitschaft und das Recht auf den eigenen Körper

Die Debatte geht an die Eingeweide: Der rechtliche Rahmen für Organspenden ist in Deutschland umstritten, während der Bedarf nach Organen zunimmt. Zündstoff liefern drei Mediziner in Übersee mit dem Vorschlag, dass der Tod des Spenders nicht mehr festgestellt werden soll, bevor Organe entnommen werden.
Operationssaal

Der Vorschlag wurde laut lifesitenews.com im Oktober 2011 an einer Bioethik-Konferenz in den USA geäussert. Neil Lazar und Maxwell J. Smith von Toronto und David Rodriguez-Arias aus dem Baskenland sprachen sich dafür aus, dass Organe auch von sterbenden und schwer verletzten Personen entnommen werden können, falls diese damit einverstanden sind.

Hauptsache schmerzlos

Dies sei «ehrlicher», argumentierten die drei Mediziner, als die bisherige «gefährlich irreführende» Regel vom festgestellten Tod. «Für den Schutz und die Achtung potenzieller Spender ist letztlich nicht wichtig, dass ein Totenschein ausgestellt wird, sondern die Gewissheit, dass sie nicht mehr leiden und die Garantie, dass ihre Selbstbestimmung gewahrt ist.» Der Vorschlag der drei Ärzte geht dahin, dass mögliche Spender durch Anästhesie schmerzunempfindlich gemacht werden und dass vorgängig ihre Zustimmung eingeholt wird. Es gebe kein eindeutiges Kriterium für den Eintritt des Todes.

Nützlichkeitsdenken in der Grauzone

Der Kommentator von lifesitenews.com sieht die schweren Befürchtungen von Lebensrechtlern bestätigt. Der Kinderarzt Paul Byrne, Professor an der Universität Toledo (Ohio), sagte gegenüber dem Nachrichtendienst, der Vorschlag überrasche ihn nicht. Es sei ein offenes Geheimnis, dass Spender «nicht wirklich tot sind». Denn einer Leiche könnten gesunde Organe nicht entnommen werden. Mit dem Fortschritt der Medizin seien seit den 1970er Jahren die Kriterien für den Todeseintritt mehrfach geändert worden, um dem Bedarf nach Organen nachzukommen. Erst nach 1980 habe man von «Hirntod» zu sprechen begonnen.

Was tun für mehr Spenden?

In Deutschland werden zwei Alternativen zur geltenden sogenannten erweiterten Zustimmungslösung diskutiert, bei der der Spender vor dem Tod (oder seine Angehörigen) in eine Transplantation einwilligen muss. Die Widerspruchslösung hingegen macht jeden zum potenziellen Organspender, der dies zu Lebzeiten nicht ausdrücklich abgelehnt hat. Die Entscheidungslösung fordert von allen Bürgern eine Erklärung (auf Personalausweis, Führerschein oder Krankenversicherungskarte), wie Mediziner mit seinen Organen bei Eignung für Transplantation umgehen sollen.

Schweiz: Lockerung bereits nach vier Jahren?

In der Schweiz gilt mit dem Transplantationsgesetz seit 2007 die Zustimmungslösung: Die Entnahme von Organen, Geweben und Zellen ist nur zulässig, wenn dafür eine Einwilligung vorliegt und der Tod eindeutig festgestellt worden ist. Ist der Wille der verstorbenen Person nicht bekannt, können die nächsten Angehörigen im Sinne der verstorbenen Person entscheiden.

Der Bundesrat will in einer Revision nun ermöglichen, dass Angehörige Massnahmen zur Vorbereitung einer Organentnahme vor dem Tod zustimmen können, wenn der Spender diesbezüglich keinen Entscheid gefällt hat. Der Vorschlag stösst bei der Akademie der Medizinischen Wissenschaften auf Zustimmung. Das Bundesamt für Gesundheit hat die Bevölkerung im Frühjahr aufgerufen, sich zu äussern: «Egal ob Sie Ja oder Nein sagen, füllen Sie eine Spendekarte aus und informieren Sie Ihre Angehörigen.»

Datum: 05.11.2011
Autor: Peter Schmid

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