Lebendige Kirchengeschichte

Basel – Zentrum für das frühe Täufertum

15 Professorinnen und Professoren sowie Forschende aus sechs Ländern präsentierten an der STH Basel ihre Erkenntnisse und Forschungsergebnisse zum Thema «Basel als Zentrum des geistigen Austausches in der frühen Reformationszeit». Dazu gehörten auch zwei Präsentationen über das frühe Täufertum in Basel.
Referentinnen und Referenten am internationalen Dozentenforum der STH
Hanspeter Jecker
Christian Scheidegger

Im Schatten von Reformatoren wie Oekolompad und Humanisten wie Erasmus von Rotterdam gerieten die Täufer im damaligen Basel bei der Geschichtsschreibung weitgehend in Vergessenheit. Dagegen ging der Täuferforscher und Dozent am Theologischen Seminar Bienenberg, Hanspeter Jecker an, der auch ein Buch zur Geschichte der Täuferbewegung geschrieben hat.

Basel als Ausgangspunkt des Berner Täufertums

In seinem Vortrag an der Staatsunabhängigen Theologischen Hochschule Basel (STH) machte Jecker am 9. Juni deutlich, dass Basel in den wenigen Jahren zwischen 1525 und 1530 ein lebendiges Täufertum beherbergt hatte, das auch ins Bernbiet und die Ostschweiz ausstrahlte. In Basel wirkten vorübergehend Täufer wie Sebastian Castellio, Sebastian Franck und Jan van Brügge. Hans Seckler und Hans Träyer trugen die täuferischen Erkenntnisse ins Bernbiet, Wolfgang Uolimann nach St. Gallen. Bern wurde dann zentral für die Entwicklung des Täufertums bis nach Amerika. Jecker stellte fest: «Und diesem bernischen Täufertum gelang es, trotz einer beispiellosen Geschichte obrigkeitlicher Repression über Jahrhundert hinweg, bis in die Gegenwart zu überleben». Schätzungen gingen davon aus, «dass von den heute circa 1,7 Millionen Mitgliedern täuferisch-mennonitischer Gemeinden mindestens 150'000 bernische Wurzeln haben».

Die Universitäts- und Druckerstadt Basel sei für die Täufer, so Jecker, «ein wichtiger Ort der Ausbildung und der theologischen und geistigen Identitätsbildung geworden» – «Manche von ihnen weilten hier als Studierende oder als Unterrichtende, sie arbeiteten als Korrektoren in hiesigen Druckereien oder publizierten als Autoren eigene Schriften.» «Nonkonformisten» hätten hier Unterschlupf gefunden und Momente der Duldsamkeit erlebt. Basler Druckereien hätten das Täufertum mit der Zürcher Froschauer-Bibel und weiteren Schriften versorgt. «Hingegen ist klar», so Jecker, «dass schon vor dem definitiven Durchbruch der Reformation in Basel keinem, der sich deutlich als Täufer oder Täuferin outete, dieser offene freie Austausch gewährt wurde.» Die Repression der politischen und kirchlichen Obrigkeiten habe «solchen Austausch sehr rasch und sehr umfassend in die Verborgenheit abgedrängt».

Rückkehr zur Lehre und Praxis der Apostel

Der Zürcher Historiker Christian Scheidegger nahm den Faden auf und beschrieb die Entwicklung des Täufertums in der Ostschweiz mit dem Zentrum St. Gallen. Er wertete dabei einen kürzlich in der Handschriftenabteilung der Zürcher Zentralbibliothek gefundenen Brief aus, den vermutlich Wolfgang Uolimann von Basel aus an die Täufer in der Ostschweiz geschrieben hatte. Dieser gibt einen wertvollen Einblick in die Theologie und das geistliche Leben der Täufer der damaligen Zeit. Es ging ihnen nicht nur um die Glaubenstaufe, mit der sie sich von den Reformatoren abgrenzten, sie wollten vielmehr «eine gereinigte Gemeinde der Heiligen» schaffen. Scheidegger: «Die in der Bibel nicht nur erkannte, sondern im Leben auch erfahrene Wahrheit prägte den weiteren Weg der ersten Täufer und erklärt unter anderem ihr grosses Sendungsbewusstsein.» Sie wollten nicht nur zur biblischen Lehre, sondern zur Praxis der Apostel zurückkehren. «Hatten die Täufer einen theologischen Kern?», fragte Scheidegger. «Dieser Kern bestand m.E. darin, dass die Täufer den Heiligen Geist für die Umsetzung der Lehre in Anspruch genommen haben», so seine Antwort. «Der Täufer Jakob Gross drückte dies so aus, dass die Pfarrer dem Evangelium gehorchen und wie die Apostel hinausgehen und Gottes Wort verkündigen müssten, wenn sie gute Evangelisten wären. ... Dagegen seien er und seine Brüder von Gott berufen und verkündeten auf ihren Reisen Gottes Wort, begnügten sich mit der offerierten Nahrung und würden verfolgt.»

Datum: 14.06.2012
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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