Regierung schuldig gesprochen

Familie erhält Millionenentschädigung in Malaysia

Susanna Liew
Das Oberste Gericht Malaysias entschied, dass die Regierung und die Polizei für die Entführung von Pastor Raymond Koh verantwortlich sind, der seit 2017 vermisst wird.

Frühere Untersuchungen hatten bereits ergeben, dass die Behörden Pastor Koh vermutlich «verschwinden liessen», da er als Bedrohung für den Islam galt. Das Gericht sprach nun der Ehefrau von Pastor Koh Recht zu und sprach ihrer Familie in der Klage gegen Polizei und Regierung 31 Millionen Ringgit (rund 6,42 Millionen Euro) Schadensersatz zu.

«Wir sind überglücklich und dankbar gegenüber Gott, dass wir ein faires und ehrliches Urteil erhalten haben», sagte seine Frau Susanna Liew nach dem Urteil laut «BBC» gegenüber Reportern. «Auch wenn dies Pastor Raymond nicht zurückbringt, ist es dennoch eine gewisse Genugtuung und ein Abschluss für die Familie. Wir widmen diesen Kampf und dieses Urteil Pastor Raymond Koh, einem Mann voller Mitgefühl und Mut, und allen Opfern von Entführungen.»

Behörden haben stets bestritten

Pastor Koh wurde 2017 am helllichten Tag in einem Vorort von Kuala Lumpur aus seinem Auto gezerrt – eine Entführung, die von einer Überwachungskamera aufgezeichnet wurde. Auch Passanten wurden Zeugen des Verbrechens.

Seine Familie hatte schon lange gesagt, dass er von der Polizei entführt wurde, was die Behörden stets bestritten. Untersuchungen der malaysischen Menschenrechtskommission und der Regierung kamen jedoch zu dem Schluss, dass er wahrscheinlich von der Eliteeinheit «Special Branch» der Polizei entführt wurde, da man ihn als Bedrohung für den Mainstream-Islam im muslimisch geprägten Malaysia ansah.

Geheimbericht deutet auf Staat

«Der Regierungsbericht – der als geheim eingestuft war, bis die Familie Zugang einklagte – besagte, dass ‘renitente Polizisten’ für die Entführungen verantwortlich seien und der Beamte, der die Operation leitete, ‘extreme Ansichten’ gegenüber Christen und Schiiten hatte», berichtete die «BBC». «Herr Koh wurde ins Visier genommen, weil er verdächtigt wurde, Muslime missionieren zu wollen, was seine Familie jedoch bestritten hat.»

In Malaysia gilt der Austritt aus dem Islam nach Landesgesetzen als Straftat, die mit Geldstrafen und Gefängnis bestraft werden kann.

Das Oberste Gericht entschied, dass Polizeibeamte, die Königliche Malaysische Polizei und die malaysische Regierung für die Entführung von Herrn Koh haften und sprach den höchsten jemals in Malaysia zugesprochenen Schadensersatz zu. Neben den Millionenbeträgen an Susanna Liew für seelisches Leid entschied das Gericht, dass 10’000 Ringgit (ca. 2'073 Euro) pauschalen Schadensersatz für jeden Tag von Pastor Kohs Verschwinden von seinem Entführungstag bis zum Tag, an dem der Staat seinen Aufenthaltsort offenlegt, gezahlt werden müssen.

Staat muss Suche aufnehmen

Der Richter ordnete ausserdem an, dass der Staat die Ermittlungen wieder aufnehmen und Pastor Koh auffinden müsse. Der Schadensersatz soll in einen Treuhandfonds eingezahlt werden, bei dem Susanna Liew und ihre Kinder voraussichtlich als Begünstigte eingetragen werden.

Pastor Koh war zuvor Pastor der Evangelischen Freikirche in «Petaling Jaya» und gründete die gemeinnützige Organisation «Harapan Komuniti» («Gemeinschaft der Hoffnung»), die soziale und karitative Arbeit für marginalisierte und benachteiligte Gruppen leistet, darunter Menschen mit HIV/AIDS, ehemalige Drogenabhängige, alleinerziehende Mütter und deren Kinder.

2011 stürmten 30 Beamte des «Selangor Islamic Religious Department» (JAIS) ein Abendessen, das von der «Harapan Komuniti» organisiert wurde, und beschuldigten die Anwesenden, Muslime zu missionieren. Es wurden keine Anklagen erhoben, doch Pastor Kohs Familie erhielt später laut «Christian Solidarity Worldwide» (CSW) Morddrohungen.

Auch schiitische Familie entschädigt

Das Oberste Gericht stellte auch fest, dass Regierung und Polizei für die Entführung des schiitischen Muslims Amri Che Mat verantwortlich sind, und sprach seiner Frau Norhayati etwa drei Millionen Ringgit (rund 622'000 Euro) zu. Auch bei ihm ist der Verbleib unklar.

Etwa 50 Prozent der Bevölkerung Malaysias sind ethnische Malaien, der Rest besteht aus ethnischen Chinesen, Indern und indigenen Stämmen. Als die malaiischen Staaten in den 1990er-Jahren zunehmend islamisch geprägt wurden, wurde die Scharia stärker gewichtet und das «Bundesamt für Islamische Entwicklung» förderte aktiv den sunnitischen Islam.

Anhänger aller Religionen dürfen ihren Glauben ausüben, solange sie keine Muslime missionieren, die überwiegend Malaien sind. Es ist in Malaysia illegal, ethnische Malaien – die gesetzlich alle als Muslime gelten – zum Christentum zu bekehren. Jeder Bürger von Malaysia, der versucht, seine Religion zu wechseln, kann auf Anordnung eines Scharia-Gerichts inhaftiert werden; es gibt keinen Rechtsweg über die Zivilgerichte oder ein Recht auf Religionswahl. Für ethnische Malaien gilt in den meisten Bundesstaaten, dass der Austritt aus dem Islam eine Straftat ist.

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Datum: 07.11.2025
Autor: Edward Ross / Daniel Gerber
Quelle: Christian Daily International / gekürzte Übersetzung: Livenet

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