Schlimmstes Erdbeben in der Geschichte des Nahen Ostens entziffert

Immer wieder kommt es zu Erbeben im Nahen Osten.

Jerusalem. Am 18. Januar des Jahres 749 bewegte sich ein Dorf beim Berg Tabor "vier Meilen weit weg von seinem Platz". So zumindest berichtete es ein syrischer Mönch. Und ein Kopte meldete aus Alexandrien: "Dachbalken stürzen ein. Riesige Wellen versenken die Schiffe im Meer." In Jerusalem gab es Tausende Tote. Kirchen stürzten ein, und an der El-Aksa-Moschee entstand schwerer Schaden.

Bisher konnten die Forscher nur anhand dieser schriftlichen Quellen ungefähr ermessen, wie stark die Erdstösse dieses "schlimmsten Erdbebens in der Geschichte des Nahen Ostens" waren. Jetzt ist der israelische Archäologe Mosche Hertel erstmals dem Erdbeben auch physisch auf die Spur gekommen. Bei Ausgrabungen in Tiberias am See Genezareth stiess er auf zwei Grabungsschichten aus Perioden, die schlechterdings nicht einträchtig nebeneinander liegen konnten.

Zunächst fand er keine Erklärung dafür, wie Funde aus der Römerzeit neben Funden aus der islamischen Epoche, ein halbes Jahrtausend später, liegen konnten. Herbeigerufene Geologen lösten das Rätsel und lieferten zugleich erste zuverlässige Methoden, die Gewalt des nächsten zerstörerischen Erdbebens im Nahen Osten vorauszuberechnen.

"Syrisch-afrikanischer Bruch"

Tiberias liegt wie die ganze Jordansenke, Jericho, das Tote Meer und Eilat im "syrisch-afrikanischen Bruch", der Schnittstelle von zwei gewaltigen Erdplatten, deren Riss sich rund um den Erdball zieht. Die östliche "arabische" Platte bewegt sich jedes Jahr durchschnittlich vier Millimeter schneller in Richtung Norden, als die westliche "Israel-Sinai"-Platte. Unglaubliche Energien bauen sich auf, die erst durch Erdbeben wieder frei werden.

Das Erdbeben vom Januar 749 muss mit einer Stärke von 7,5 auf der Richterskala tatsächlich eines der heftigsten des Nahen Ostens gewesen sein, wie sich anhand der Erdverschiebungen bei der Ausgrabung in Tiberias errechnen liess. Über eine Strecke von 100 Kilometern, von Tiberias bis Jericho, sei die Erde mit einem Schlag um eineinhalb Meter in Richtung Norden gerutscht.

Nach Angaben der Forscher habe es bis zum Jahr 1033 in der Jordansenke "alle paar hundert Jahre" heftige Erdbeben gegeben. Der Geologe Schmuel Marko von der Universität Tel Aviv stellt eine düstere Prognose auf: "Seit 1033 sind fast 1.000 Jahre ohne grössere Beben vergangen. Vor allem im Beth-Schean-Tal südlich des Sees Genezareth muss jederzeit mit einem extrem starken Erdstoss gerechnet werden."

Datum: 21.08.2003
Quelle: Kipa

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