Schweizer «heilen» schlechtes Karma
Shovakhar Kandel leitet in Nepal ein Lepraspital. «Die Patienten kommen nicht einzig mit den Wunden, sondern auch mental beschwert.» Oft nämlich werden Menschen mit dieser Krankheit aus der Gesellschaft ausgestossen. «Wir behandeln sie medizinisch und erzählen ihnen auch von der Fürsorge und dem Frieden des Herrn – eine ganzheitliche Sache.»
Lepra gehöre zu den grössten Gesundheitsproblemen. «Wir entdecken jährlich in Nepal 4000 neue Fälle. Behandlungen sind heute ohne weiteres möglich.
Das Hauptproblem ist das Stigma. Betroffene versuchen ihre Krankheit zu verstecken oder werden aus der Familie verjagt. Die Leute glauben immer noch, dass Lepra eine Strafe Gottes ist. Ein Fluch, für etwas, das sie in ihrem früheren Leben getan haben sollen, eine Konsequenz unvergebener Sünde. Selbst in der jungen Generation glaubt man, dass es ein Fluch der Götter ist.»
Schlechtes Karma heilen
«Das schlechte Karma kann man durch Medizin und aufklären heilen», bilanziert Markus Freudiger, Leiter des Deutschschweizer-Geschäftsstelle der Evangelischen Lepra-Mission. «Indem man in Dörfern, Schulen und Slums erklärt, dass es eine Krankheit ist wie jede andere auch. Denn Lepra wird durch ein Bakterium verursacht, das krank macht.
Mit drei wirksamen Antibiotika kann sie innerhalb von sechs bis zwölf Monaten gestoppt werden.» Die Konsequenzen der Krankheit, also die Behinderungen, sind nicht mehr rückgängig zu machen.
Neben dem Spital ist ein kleines Dorf aufgebaut. Hier leben die Behandelten in Strohhütten wie draussen in ihrer Gegend. In diesem Übungsdorf lernen sie kochen und Gartenarbeiten machen, ohne sich zu verletzen.
«Eine Folge der Lepra ist, dass man in den Händen, Fingern und Füssen kein Gespür mehr hat. Wenn man eine heisse Pfanne berührt, spürt man das nicht und verbrennt sich die Finger. Oder wenn man einen Stein im Schuh hat, spürt man ihn nicht und er bohrt sich ein.» So entstehen die schlimmen Verletzungen und das Verlieren von Gliedern.
Mehr als ein Spital führen
Früher wurden Leprakranke nicht behandelt, sie starben einfach. Erst im 1975 gegründeten, ersten Lepraspital Nepals erfuhren Betroffene Hilfe.
«Inzwischen touren wir auch mit einem Gesundheitsprogramm durch Dörfer», sagt Shovakhar Kandel, der seit zwanzig Jahren, seit 1991, in der Klinik arbeitet. «Ich konnte sehen, wie tausende Menschen behandelt wurden und ein neues Leben fanden.
Vielen geht es daheim nun sehr gut, Familien wurden wieder hergestellt und einst Kranke wurden nützlich in ihrer Familie. Wir führen nicht einfach ein Spital, wir geben den Menschen eine neue Hoffnung.»
Inspiration erhalte das Personal von Gott, nämlich, «dass jeder, der an Lepra leidet, wie jeder andere Mensch auch nach dem Ebenbild Gottes erschaffen wurde. Das einzige ist, dass sie Lepra hatten, die aber geheilt ist.»
Kein Fluch von Gott
Die Aufklärungskampagnen fruchten und ebenso die Taten an den Kranken. Denn sie kehren geheilt in die Dörfer zurück und führen ein normales Leben; viele, die dies beobachten, ändern ihre Ansicht über Lepra. Mehr und mehr suchen Betroffene das Spital bereits im Frühstadium auf und können dadurch vor Behinderungen bewahrt werden.
Shovakhar Kandel: «Heute behandeln wir auch andere Patienten im Spital. Früher hätte sich niemand anderes zu uns gewagt.» Aber noch nicht in allen Landesteilen hat sich das Denken verändert. Es sei tief verwurzelt.
In diversen religiösen Büchern steht, dass es ein Fluch von Gott ist, als Konsequenz für frühere Sünden, so steht es etwa in der Bhagavadgita und anderen. «Auch in der Bibel ist Lepra erwähnt. Aber es ist eine positive Botschaft: Jesus Christus hatte die Betroffenen berührt und geheilt.»
Ausgegrenzter Arzt
Weil es früher keine Medikamente gab, galt Lepra als unheilbar, Betroffene wurden ausgegrenzt. Markus Freudiger: «Bei uns war es dasselbe, man errichtete Siechenhäuser, zum Beispiel in Burgdorf ausserhalb der Stadt.»
In Nepal sei diese Ausgrenzung bis vor wenigen Jahren tief verwurzelt gewesen: «Wenn Leprakranke in ein Regierungsspital gingen, wurden ihnen die Medikamente vor die Füsse geworfen, sie mussten sie aufheben, dann wurden sie aus dem Spital verjagt.»
Ähnliches erlebte Shovakhar Kandel: «Als ich 1991 die Arbeit im Lepraspital aufnahm, besuchten mich meine Freunde die ersten fünf Jahre nicht und unterstellten mir, einen falschen Entscheid getroffen zu haben – und die meisten von ihnen waren gut gebildet mit Universitätsabschluss.»
Dieses Stigma zerstöre das Leben der Betroffenen mehr als die Bakterien. «Es ist ein soziales Problem, auch wegen der Armut werden die Leute eher krank. Auch können sie sich nicht um ihre Krankheit kümmern, weil sie aufs Feld zum Arbeiten müssen. Da zerstören sie ihre Hände und Füsse.
Sie fühlen die Schmerzen nicht und gehen nicht zum Arzt – wenn sie gehen, erwirtschaften sie in dieser Zeit nichts und hungern. Es ist nicht ein medizinisches Problem, sondern ein sozio-ökonomisches. Wir aber behandeln kostenlos.»
Leben retten
Für manche Nepalesen liegt das nächste Spital mehrere Tagesmärsche entfernt. Mit mobilen Gesundheitsstationen reist die Lepra-Mission durchs Land und erreicht so tausende.
«Es ist natürlich nur eine einfache Behandlung, aber wir retten so die Leben von vielen. Wenn zum Beispiel eine Frau Probleme mit der Schwangerschaft hat und sie kein Spital erreichen kann. Wir bemerken da auch, wenn jemand Lepra hat oder eine aufgeriebene Haut, weil sie von einer Krankheit juckt. Wir helfen so den Armen und finden Lepra-Patienten.»
Ohne die Liebe zu Gott wäre die Hilfe nicht komplett, hebt Shovakhar Kandel hervor. «Für eine komplette Heilung geben wir die gute Nachricht ebenfalls weiter, sie ist für die geistliche Heilung wichtig. Wir können das nicht aussen vor lassen. Von unschätzbarem Wert ist auch die Liebe unserer Mitarbeiter. Das macht den Unterschied. Wir zeigen ihnen Liebe, die Heilung geschieht dadurch schneller. Wenn man nur Medizin gibt, dauert es lange. Wenn man die Liebe von Christus weiter gibt, läuft die Genesung schneller – das ist effektiver.»
Trekking in Nepal
Im nächsten Frühling bietet die Lepra-Mission ein Sponsoring-Trekking in Nepal an. Auf dieser Reise durch die atemberaubende Natur Nepals wird neben Sehenswürdigkeiten in Kathmandu auch das Lepra-Spital in Anandaban besucht. Die Teilnehmerzahl ist beschränkt, aber noch sind Plätze frei.
Datum: 11.08.2011
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Jesus.ch